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  • Gedenkbuch

Kobald, Karl

Verwaltung


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Lebensdaten
1876-08-28 – 1957-10-12
  • dc.date.accessioned
    2024-06-03T15:22:51Z
  • dc.date.available
    2024-06-03T15:22:51Z
  • dc.description

    Karl Kobald

    geb. 28.08.1876 in BrĂŒnn, MĂ€hren (Brno, CZE), gest. 12.10.1957 in Wien

    Karl Kobald wurde am 28. August 1876 als Sohn von Ernestine (geb. Brezowsky) und Alois Kobald, einem Inspektor der k. k. Staatsbahnen, in BrĂŒnn (Brno, CZE) geboren.

    Kobald erhielt in den 1880er-Jahren als SĂ€ngerknabe der Hofburgkapelle seine musikalische Ausbildung u.a. bei Anton Bruckner und Rudolf Bibl. Anschließend nahm er privat Violinunterricht bei Josef Maxincsak und Josef Hellmesberger jun. und besuchte Vorlesungen Bruckners sowohl an dem von der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien gefĂŒhrten Conservatorium fĂŒr Musik und darstellende Kunst als auch an der UniversitĂ€t Wien. Nach Ablegung der Matura studierte Kobald Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Rechtswissenschaften an der UniversitĂ€t Wien und schlug, 1899 zum Dr. iur. promoviert, eine Beamtenlaufbahn „zuerst in richterlichen Diensten“ und bei der Niederösterreichischen Finanz-Landesdirektion ein. 1903 wechselte er in die „k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale“ und kam 1906 als Kunst- und Musikreferent in das k. k. Ministerium fĂŒr Kultus und Unterricht. In dieser Funktion war er u.a. an der Verstaatlichung des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde zur k. k. Akademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien (der heutigen mdw) beteiligt, ebenso wirkte er organisatorisch am Aufbau des „Institutes fĂŒr das Volkslied in Österreich“, der GrĂŒndung der Salzburger Festspiele sowie den Zentenarfeiern fĂŒr Haydn, Bruckner, Beethoven und Schubert mit. 1919, in einer Phase der Neuorganisation der mdw, stellte das Staatssekretariat fĂŒr Unterricht Kobald den vier vom Lehrkörper gewĂ€hlten „VertrauensmĂ€nnern“ zur Seite und betraute ihn fĂŒr einige Wochen „mit der provisorischen FortfĂŒhrung der interimistischen GeschĂ€ftsleitung der Akademie“.

    1932 erfolgte seine Ernennung zum PrĂ€sidenten der mdw (damals Akademie bzw. ab 1933 Staatsakademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien). Eine Zeitung kommentierte diese Personalentscheidung mit: „Endlich einmal der Fall, daß der richtige Mann auf den richtigen Platz gestellt wird. Trotz seiner BefĂ€higung.“ Die Institution hatte unruhige Zeiten hinter sich und Kobald gelang es, das Haus in den folgenden Jahren wieder zu stabilisieren. Um dessen internationale Reputation bemĂŒht, initiierte er die Abhaltung internationaler Wettbewerbe und intensivierte Kontakte zu in- und auslĂ€ndischen Schwestern- bzw. Kulturinstitutionen. Unter seine Ägide fĂ€llt auch die – ganz den ideologischen Vorstellungen der Zeit entsprechende – Zusammenlegung der pĂ€dagogischen und kirchenmusikalischen Ausbildung in der Abteilung fĂŒr Kirchen- und Schulmusik. WĂ€hrend der Zeit seiner PrĂ€sidentschaft ist die vermehrte politische Einflussnahme auf die Besetzung von Stellen aktenkundig, der sich Kobald im Sinne der Erhaltung des Ausbildungsniveaus durchaus zu widersetzen versuchte.

    Nach dem ‚Anschluss‘ ĂŒbernahm am 15. MĂ€rz 1938 Alfred Orel die Leitung der mdw. Kobald wurde „zunĂ€chst durch eine Parteidienststelle“ von seinem Posten enthoben und in der Folge „aufgefordert“, um seine Versetzung in den Ruhestand anzusuchen. Das in amikalem Ton verfasste Verabschiedungsschreiben des Unterrichtsministers Oswald Menghin, in dem dieser seiner „mit wĂ€rmster Anerkennung der grossen Verdienste“ gedenkt und hervorhebt, Kobald hĂ€tte, „geleitet von hohem Pflichtbewusstsein [
] unter schwierigsten VerhĂ€ltnissen die [
] sich ergebenden Aufgaben stets in ausgezeichneter Weise zu lösen verstanden“ sollte nicht darĂŒber hinwegtĂ€uschen, dass Kobald zwangspensioniert wurde bzw. das Ansuchen um die Ruhestandsversetzung gestellt hatte, „um schĂ€rfere Maßnahmen gegen ihn hintanzuhalten. “

    Kobald zog sich 1940 in das Haus seiner Familie in Rodaun zurĂŒck, in dem seine Schwester lebte. In der dortigen Pfarre heiratete 1943 seine Tochter Maria Theresia (auch: Maria Therese, verh. Springer, 1916-2007). Diese stammte aus seiner 1911 mit Anna Schneeberger (geb. 1891, verh./gesch. Kobald, verh. Goldschmidt) geschlossenen Ehe, die spĂ€testens 1921 geschieden worden war. Aufgrund der jĂŒdischen Herkunft Schneebergers – sie war vor der Heirat mit Kobald aus der Israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten und hatte sich katholisch taufen lassen – galt die gemeinsame Tochter den nationalsozialistischen Rassengesetzen entsprechend als ‚Mischling‘. Dass ihre Trauung 1943 nur kirchlich vorgenommen wurde und die standesamtliche Eheschließung erst im Oktober 1945 erfolgte, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die erforderliche Bewilligung fĂŒr das Eingehen einer Zivilehe nicht erteilt wurde.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Diktatur erfolgte Anfang Juni 1945 die Wiedereinsetzung Kobalds als PrĂ€sident der mdw (damals Staatsakademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien). Bei der Entnazifizierung des Hauses vertrat er die Meinung, man dĂŒrfe dabei „ohne die Schule nicht schwer zu schĂ€digen, einen so strengen Maßstab nicht anwenden“. Es sei zwar „nur zu leicht verstĂ€ndlich, daß man Nationalsozialisten aus dem Unterrichtsfach entfernt, wo sie sicherlich nach wie vor großen Schaden anrichten können“, ihm sei jedoch „niemals zu Ohren gekommen“, dass „von Seiten eines Lehrers Propaganda im Sinne der Nazi betrieben wurde. Die Unterrichtszeit ist kurz bemessen und wo die Kunst spricht, schweigt alles andere. “

    Dieser abschließenden Feststellung gleichsam als PrĂ€misse folgend, stellte er beim Wiederaufbau die Kunst bzw. die Sicherung der QualitĂ€t der kĂŒnstlerischen Ausbildung in das Zentrum seines Handelns. Nur Lehrende, die auch eine „Acquisation“ wĂ€ren, also seiner Meinung nach das Haus bereichern wĂŒrden, waren willkommen. Auf eine RĂŒckberufung von Lehrenden, die ihm nicht geeignet erschienen, legte er „keinen besonderen Wert“.
    Kobald behielt die Leitung der Akademie bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit 30. September 1946.

    Neben seiner TĂ€tigkeit im Staatsdienst trat Kobald als Schriftsteller hervor, der zahlreiche musik- und kulturhistorische Werke, Romane, Essays ebenso wie Lyrik verfasste. Sein organisatorisches und literarisches Schaffen wurde u.a. durch die Verleihung des Professortitels, des Großen Ehrenzeichens fĂŒr Verdienste um die Republik Österreich und der Großen Ehrenmedaille der Stadt Wien gewĂŒrdigt.

    Karl Kobald starb am 12. Oktober 1957 in Wien.

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: Personalakt Karl Kobald; 232/Pr/1919; 206/1945 A; 227/Res/1945; 378/Res/1945.
    data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten, Taufbuch Bd. 61, fol. 141; Pfarre Votivkirche, Trauungsbuch Bd. 12, fol. 50; Pfarre Alservorstadt, Taufbuch Bd. 52, fol. 48 [1916].
    genteam.at: Index der jĂŒdischen Matriken Wien und Niederösterreich; Ziviltrauungen in Wien.
    wien.gv.at: WAIS – Wiener Archivinformationssystem, Meldezettel Karl Kobald.
    Karl Kobald, Erinnerungen an Anton Bruckner, in: Österreichische Musikzeitschrift, Jg. 1, H. 9, S. 309-311.
    anno.onb.ac.at: Die Zeit (Abendblatt) 27.01.1903, S. 2; Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale, Bd. 1, Nr. 11 (November 1902), Personalstand Sp. V; Neues Wiener Tagblatt, 27.11.1932, S. 16.
    Lynne Heller, Zwischen Autonomie und Fremdbestimmtheit. Eine politische Geschichte der mdw – UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien 1918–1938, in: Lynne Heller, Severin Matiasovits, Erwin Strouhal, Zwischen den BrĂŒchen. Die mdw – UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien in der Zwischenkriegszeit (Studien zur Geschichte der mdw – UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien 1, Wien 2018), S. 47-48.
    Kunstnachrichten. Information des Arts. Organ fĂŒr Musik, Theater, Literatur, Kunst und Wissen. Sonder-Nummer: Festausgabe der Staatsakademie fĂŒr Musik u. darstellende Kunst, Internationaler Musikwettbewerb 1937, S. 4.
    Österreich-Institut (Hg.), Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen, Wien 1951, S. 151.
    Karl Wisoko-Meytsky, Karl Kobald – 70 Jahre!, in: Österreichische Musikzeitschrift, Jg. 1, H. 8, S. 280.
    Karl Studer, In memoriam Karl Kobald, in: Österreichische Musikzeitschrift Jg. 12, H. 11, S. 452.
    musiklexikon.ac.at: Annemarie Kofler, Artikel „Kobald, Karl“.
    geschichtewiki.wien.gv.at: Artikel „Karl Kobald“.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Karl Kobald, in: Gedenkbuch fĂŒr die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons//7338ecd1-4c39-49e2-b387-59b231d895b6/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024

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    Kobald, Karl
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    Archive & Sammlungen > UniversitÀtsarchiv > Gedenkbuch > Persons
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