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  • Gedenkbuch

Rössel-Majdan, Karl

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Lebensdaten
1885-04-16 – 1948-05-04
Weitere Namen
  • Rössl-M., Karl
  • R.-Maydan, Karl

Biografie

Karl Rössel-Majdan

geb. 16.04.1885 in Wien, gest. 04.05.1948 in Wien
Alternative Namen: falsch Rössl-M., R.-Maydan

Karl Rössel-Majdan wurde am 16. April 1885 als Sohn von Maria (geb. Hartmann) und dem Uhrmacher Karl Rössel in Wien geboren. Er besuchte ein Gymnasium, die Kadettenschule und studierte als außerordentlicher Hörer einige Semester an der philosophischen und der medizinischen FakultĂ€t der UniversitĂ€t Wien. Bereits frĂŒh erhielt er musikalischen Unterricht, lernte unter anderem Klavier und Orgel, widmete sich jedoch schließlich der Ausbildung seiner Stimme bei Adolf Robinson.

Ab 1904 diente Rössel-Majdan als Offizier in der (k. u. k.) Armee, die er 1919 mit dem Dienstgrad eines Majors und mehrfach ausgezeichnet verließ. FĂŒr seinen herausragenden Einsatz in der zweiten Schlacht um Lemberg 1914 wurde ihm das Ritterkreuz des MilitĂ€r-Maria Theresien-Ordens verliehen und er als Freiherr in den Adelsstand erhoben. Seit 1915 war er mit Margarete Soldan (1890-1957) verheiratet, das Ehepaar hatte zwei Söhne: Karl (geb. 1916) und Viktor (geb. 1919).

Nach seinem Ausscheiden aus der Armee widmete sich Rössel-Majdan seiner kĂŒnstlerischen Karriere und begann als SĂ€nger (Bass und gelegentlich als Bariton) sowohl solistisch als auch mit verschiedenen Ensembles aufzutreten. Als Mitglied des Heiteren Quartetts des Wiener MĂ€nnergesangvereins, das er zeitweise leitete, absolvierte er Konzertreisen inner- und außerhalb Österreichs. DarĂŒber hinaus hatte er ab 1921 Gastengagements an der Salzburger Oper und erteilte privat – ab 1922 auch am Konservatorium Lutwak-Patonay – Gesangsunterricht. 1924 nahm er ein Engagement in Reichenberg (Liberec, CZE) an, kehrte jedoch im Jahr darauf nach Wien zurĂŒck, wo er in das Ensemble der Volksoper eintrat und seine pĂ€dagogische TĂ€tigkeit am Konservatorium fortsetzte. DarĂŒber hinaus befasste er sich seit Anfang der 1920er-Jahre auch auf theoretischer Ebene mit dem Gesang, verfasste Artikel und hielt VortrĂ€ge ĂŒber „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Stimmbildung“ an der Wiener Urania. Ab 1926 trat er unter dem Doppelnamen Rössel-Majdan auf, den er Mitte der 1930er-Jahre offiziell als Familienname annahm. 1930 ging er an das Stadttheater SaarbrĂŒcken, wo er als SĂ€nger und Spielleiter wirkte.

Wegen seiner erklĂ€rten Gegnerschaft zum nationalsozialistischen Regime musste er Deutschland 1934 verlassen und kehrte nach Wien zurĂŒck. Hier begann er noch im selben Jahr an der mdw (damals Staatsakademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien) zu unterrichten. AnfĂ€nglich mit dem Fach „Operndramatischer Vortragsunterricht“ betraut, lehrte er ab September 1935 zusĂ€tzlich Gesang und ab September 1937 ausschließlich Gesang. DarĂŒber hinaus hielt er VortrĂ€ge in den von der Akademie der Öffentlichkeit angebotenen VolkstĂŒmlichen Kursen.

Nach dem ‚Anschluss‘ ersuchte der kommissarische Leiter der Staatsakademie, Alfred Orel, in einem am 1. April 1938 verfassten Schreiben, das Reichspropagandahauptamt um die ÜberprĂŒfung der „kulturpolitischen Tragbarkeit“ Rössel-Majdans durch die Gestapo. Er fĂŒhrte an, dass ihm „von verschiedenen Seiten berichtet“ worden wĂ€re, dieser hĂ€tte sich „stets in geradezu gehĂ€ssiger Weise dem Reiche und dem FĂŒhrer gegenĂŒber verhalten und geĂ€ussert“, und legte drei Ausgaben des „Neuen Wiener Journals“ aus 1935 bei, in denen Rössel- Majdan die politische Situation Deutschlands respektive Hitlers Politik analysierte und kritisierte. Orel wies auch darauf hin, Rössel-Majdan hĂ€tte sich wĂ€hrend seiner TĂ€tigkeit am SaarbrĂŒckener Stadttheater „zur Zeit der Saarabstimmung in antideutschem, also separatistischen Sinne“ betĂ€tigt. Auch dass „Rössel-Majdan noch nach dem Umbruch auf den deutschen Gruss grundsĂ€tzlich mit Habe die Ehre oder Guten Tag antwortet“ fĂŒhrte Orel an. Die Erhebungen der Gestapo fĂŒhrten zu dem Schluss,
„dass Rössel-Majdan [
]sich wiederholt ĂŒber den FĂŒhrer und die nationalsozialistische Bewegung abfĂ€llig geĂ€ussert hat und antinationalsozialistisch eingestellt war. Auch das Verhalten Rössel-Majdans seit dem 11. MĂ€rz 1938 ist ein derartiges, dass von einem Gesinnungswechsel nicht gesprochen werden kann und er als politisch unzuverlĂ€ssig bezeichnet werden muss. “
Als das Schreiben Ende Mai an der Staatsakademie einlangte, war Rössel-Majdan bereits die KĂŒndigung seines Vertrags mit Ende des Studienjahres ausgesprochen worden.

1939 wurde Rössel-Majdan von der Gestapo festgenommen. Bei dem anschließenden Verhör konnte er den ProtokollfĂŒhrer fĂŒr sich gewinnen, der seine Freilassung vor dem drohenden Transport nach Dachau erwirken konnte und auch den ihn betreffenden Akt verschwinden ließ. Rössel-Majdan fĂŒhrte in den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft ein zurĂŒckgezogenes Leben, rechnete jedoch stets mit einer Verhaftung. 1940 wurde sein Sohn Karl jun. als MitbegrĂŒnder der Widerstandsgruppe GroĂŸĂ¶sterreichische Freiheitsbewegung festgenommen und 1944 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zehn Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Flucht aus dem Zwangsarbeitslager im MĂ€rz 1945 lebte er in Wien als ‚U-Boot‘ und beteiligte sich an den KĂ€mpfen um die Stadt. Rössel-Majdans jĂŒngerer Sohn Viktor wurde 1942 wegen „Wehrkraftzersetzung“ zu einer zehnmonatigen Haftstrafe und nach seiner Entlassung 1943 in einem weiteren Prozess zu fĂŒnf Jahren GefĂ€ngnis verurteilt. Er starb am 6. Februar 1944 im Straflager Brual-Rhede (DEU).

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft kehrte Rössel-Majdan 1945 als Lehrer fĂŒr Gesang an die mdw (damals Akademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien) zurĂŒck. Neben seiner UnterrichtstĂ€tigkeit leitete er die im Zuge der Entnazifizierungsmaßnahmen eingerichtete Kommission zur ÜberprĂŒfung der Studierenden.

Karl Rössel-Majdan starb am 4. Mai 1948 in Wien.

Quellen / Literatur:
mdw-Archiv: 518/D/1926; Personalakt Karl Rössel-Majdan; 94/Res/1938; Akademiesekretariat und Rektoratskanzlei - Sammelmappen 1919-1944, Sammelmappe Karl Rössel-Majdan.
data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre Gumpendorf, Taufbuch Bd. 69, Nr. 286; Pfarre St. Leopold, Taufbuch Bd. 59, fol. 144.
Franz Planer (Hg.), Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische BeitrÀge zur Wiener Zeitgeschichte 1929, Wien 1929, S. 524.
Paul Emödi (Hg.), „Wer ist Wer“. Lexikon österreichischer Zeitgenossen, Wien 1937, S. 294.
Wiener Stadt- und Landesarchiv: OpferfĂŒrsorgeakt 18499 [Margarete Rössel-Majdan (darin: OpferfĂŒrsorgeakt Karl Rössel-Majdan sen.)].
anthrowiki.at: [k. A.], In memoriam Prof. Karl Rössel-Majdan, in: Anthroposophische Gesellschaft in Österreich (Hg.), Mitteilungsblatt Nr. 9, Wien 1948, S. 1-4.
Oskar von Hofmann und Gustav von Hubka, Der MilitÀr-Maria Theresien-Orden. Die Auszeichnungen im Weltkrieg 1914-1918, Wien 21944, S. 266-269.
konzerthaus.at: Archivdatenbank.
musiklexikon.ac.at: Lynne Heller und Christian Fastl, Artikel „Rössel-Majdan (Rössl-Majdan, Rössel, Rössl), Familie“.
doew.at: Personendatenbank.
db.saur.de: Online-Datenbank Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945, Anklage 7 (8) J 103/41, S. 5 und Urteil 5H 47/44 – 7 (8) J 103, insbes. S. 2.

Empfohlene Zitierweise:
Erwin Strouhal: Karl Rössel-Majdan, in: Gedenkbuch fĂŒr die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons//9a9898d6-71fb-4ba0-bb81-0e4127b6278a/)

Letzte Änderung: 14.11.2024