Posa, Oskar C.
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PersonengruppeLehrende
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Geburtsdatum1873-01-16
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Sterbedatum1951-03-13
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Beschreibung
Oskar C. Posa
geb. 16.01.1873 in Wien, gest. 13.03.1951 in Wien
Alternative Namen: geb. Oskar Posamentir, auch Oskar Carl Posa, Oskar Posa bzw. Oscar PosaOskar C. Posa wurde am 16. Jänner 1873 als Oskar Posamentir, erstes Kind von Esther Franziska Kunigunde (geb. Francisca Cunigunde Scheuch) und Sigmund Posamentir, einem Privatbeamten, in Wien geboren. Seine katholisch getaufte Mutter war vor der Eheschließung zum jüdischen Glauben übergetreten, zur Familie gehörten weiters seine jüngeren Schwestern Charlotte, Elsa und Helene.
Posa erhielt Klavierunterricht bei Józsi Söldner an den Horak’schen Musikschulen und wurde – wie er bei seiner späteren Anstellung an der mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien) angab – zudem privat bei Robert Fuchs, Ignaz Brüll und Otto Bach ausgebildet. Nach Ablegung der Matura und Ableistung des Militärdienstes studierte Posa Jus an der Universität Wien und war nach seiner 1896 erfolgten Promotion von 1898 bis 1900 Auskulant am Bezirksgericht Wien.
Auftritte unter den Namen Oskar C. Posa (auch Oscar Posa bzw. Oskar Posa) sind ab 1889 belegbar als er – damals noch Musikschüler – positive Kritik für seine pianistischen Leistungen (z.B. „viel versprechender Clavier-Virtuos [sic]“) erhielt. Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts trat er als Pianist, Klavierbegleiter und Komponist in Erscheinung und dürfte in dieser Zeit erste Erfahrungen als Kapellmeister an der Wiener Volksoper und dem Berliner Lortzing- Theater gesammelt haben. 1911 nahm Posa, der 1897 zum katholischen Glauben konvertiert war und den zweiten Vornamen Carl angenommen hatte, seinen Künstlernamen auch offiziell an. Dies fiel zeitlich mit seinem Engagement als Erster Kapellmeister der Vereinigten städtischen Bühnen in Graz zusammen, an denen er in dieser Funktion bis 1913 und danach bis 1920 sowie ab dem Ende des Jahrzehnts bis 1932 als Gastdirigent tätig war. Darüber hinaus unterrichtete er Anfang der 1930er-Jahre musiktheoretische Fächer am Konservatorium des Steiermärkischen Musikvereins.
Mit 1. Mai 1933 kam Posa als Korrepetitor für das Studium von Opernrollen an die mdw, wobei aus der Korrespondenz um seine Bestellung hervorgeht, dass diese auf Wunsch des Unterrichtsministers Anton Rintelen erfolgte. Es erscheint naheliegend, dass dieser in seiner Funktion als Landeshauptmann Posa in Graz kennen und schätzen gelernt hatte.
Nach dem ‚Anschluss‘ musste das Lehr- und Verwaltungspersonal der mdw am 23. März einen Eid auf Adolf Hitler schwören. Dem per Rundschreiben ausgesandten Erlass über die Vereidigung war eine Definition beigelegt, nach welchen Kriterien jemand als jüdisch zu gelten hätte, und in diesem Fall nicht zur Ablegung des Eides „berechtigt“ wäre. Auch Posa nahm an der Vereidigung teil. Anfang April informierte der neu eingesetzte kommissarische Leiter der mdw, Alfred Orel, das Unterrichtsministerium, dass ihm nach der Eidesablegung „Zweifel an der Abstammung Oscar Posa’s“ gekommen wären. Detailliert schildert er den Gesprächsverlauf, im Zuge dessen er ihn hinsichtlich seiner vermuteten jüdischen Herkunft in die Enge zu treiben versucht hatte. Am 7. April beurlaubte er Posa nach kurzer Rücksprache mit dem Unterrichtsministerium, vier Tage darauf ließ er ihm die Aufforderung zukommen, bis zum 30. April Geburts- und Heiratsdokumente seiner Eltern und Großeltern vorzulegen, wobei er Posa darauf hinwies, „dass es nicht genügt, etwaige spätere Taufscheine vorzuweisen, sondern dass die ursprünglichen Geburtsurkunden vorzulegen sind“. Nachdem keine Reaktion erfolgte, wiederholte Orel am 3. Mai seine Aufforderung „auf das dringendste“ und setzte ihm eine neue Frist für den 7. Mai. Im Akt befinden sich handschriftliche Notizen zu den von Posa schließlich vorgelegten Dokumenten. Am 1. Juni informierte Orel das Unterrichtsministerium akribisch über die eingeholten Informationen, wobei er das Schreiben mit der Annahme schließt, dass sich angesichts der erfolgten Kündigung „weitere Maßnahmen […] erübrigen“. Mit einem Erlass vom 25. Juni stellte die nunmehrige Abteilung Erziehung, Kultus und Unterricht des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten – wenn auch mit vielen Konjunktiven formuliert – fest, dass Posa entsprechend den vorgelegten Dokumenten im Sinne der im Erlass für die Vereidigung enthaltenen Definition nicht als Jude gegolten habe „und daher zur Ablegung des Diensteides berechtigt gewesen wäre“.
Wie es Posa und seiner Familie in der Zeit des Nationalsozialismus erging, ist noch Gegenstand von Forschungen. Die Nennung seines Namens im „Lexikon der Juden in der Musik“ (allerdings erst in der Ausgabe von 1941) weist auf ein Berufsverbot hin. Bisher konnte einzig ein Beleg gefunden werden, dass seine Schwester Elisabeth „Elsa“ und deren Ehemann Ernst Khuner im Lager Theresienstadt (Terezín, CZE) waren, die Zeit dort überlebten und nach Wien zurückkehrten.
Der nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft eingesetzte Leiter der mdw (damals Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien), Präsident Karl Kobald, legte dem Ministerium im September 1945 ein Ansuchen Posas „um Wiedereinstellung im Sinne der Wiedergutmachung“ vor, wobei er darauf hinwies, dieser sei „schon im Hinblick auf sein Alter keine Acquisation“ und auch die Lehrenden der Opernschule hätten sich „nicht im positiven Sinne über den Genannten geäussert“. Posa wurde nicht wieder an der mdw beschäftigt.
Oskar C. Posa starb am 13. März 1951 in Wien. Sein musikalischer Nachlass befindet sich in der Wienbibliothek im Rathaus.
Quellen / Literatur:
mdw-Archiv: Personalakt Oskar Posa; 1866/1938 P Div (darin: 877/1938 P Div und 957/1938 P Div).
familysearch.org: Österreich, Niederösterreich, Wien – Matriken der Israelitischen Kultusgemeinde, Geburtsbuch E 1872-1874, Nr. 4554.
data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre unsere liebe Frau zu den Schotten, Taufbuch Bd. 59, fol. 275.
archivinformationssystem.at: Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justiz, JM Präs. A 176.50 [als Posamentier verzeichnet].
anno.onb.ac.at: Deutsches Volksblatt, 08.04.1889, S. 7; Deutsche Musikzeitung, Jg. 1889, H. 10, S. 75; Österreichische Musik- und Theaterzeitung, Jg. 1889, H. 13, S. 6; Neues Wiener Tagblatt, 09.07.1889, S. 6; Neue Freie Presse, 25.12.1892, S. 18; Deutsches Volksblatt (Abendausgabe), 17.03.1897, S. 4; Neue Freie Presse, 23.02.1898, S. 8; Neue Freie Presse, 28.01.1900, S. 8; Neue Freie Presse, 07.06.1903, S. 12; Österreichische Musik- und Theaterzeitung, 1904, H. 11, S. 3; Neues Wiener Tagblatt, 12.05.1904, S. 12; Neue Freie Presse, 13.04.1905, S. 9; Grazer Volksblatt, 29.06.1911, S. 8, Grazer Volksblatt, 24.03.1913, S. 7, Grazer Volksblatt, 10.09.1914, S. 5; [die zahlreichen Zeitungsberichte, die seine weitere Tätigkeit als Dirigent in Graz belegen, werden im Sinne der Übersichtlichkeit nicht angeführt]; Grazer Tagblatt, 09.11.1930, S. 5; Grazer Tagblatt, 13.09.1931, S. 6.
lexm.uni-hamburg.de: Artikel „Oskar C. Posa“ [Quellenangabe: Theo Stengel und Herbert Gerigk, Lexikon der Juden in der Musik. Mit einem Titelverzeichnis jüdischer Werke. Zusammengestellt im Auftrag der Reichsleitung der NSDAP auf Grund behördlicher, parteiamtlich geprüfter Unterlagen (= Veröffentlichungen des Instituts der NSDAP zur Erforschung der Judenfrage, Bd. 2), Berlin 21941].
collections.arolsen-archives.org: Inhaftierungsdokumente, Ghetto Theresienstadt-Kartei.Empfohlene Zitierweise:
Erwin Strouhal: Oskar C. Posa, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/2994e8d4-a74a-4c16-a31d-876affa6ec2f/)Letzte Änderung: 14.11.2024