Gielen, Josef
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PersonengruppeLehrende
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Geburtsdatum1890-12-20
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Sterbedatum1968-10-19
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Beschreibung
Josef Gielen
geb. 20.12.1890 in Köln (DEU), gest. 19.10.1968 in Wien
Josef Gielen kam am 20. Dezember 1890 als Sohn von Maria (geb. Kring) und Johann Gielen, einem Schmied, in Köln (DEU) zur Welt. Gemeinsam mit acht Geschwistern wuchs er in einem sozialdemokratisch geprägten Haushalt auf. Von 1909 bis 1911 studierte er Kunstgeschichte, Literatur- und Theaterwissenschaft in Bonn und München. Um die Mitte der 1910er-Jahre begann er, nachdem er sich autodidaktisch entsprechend ausgebildet hatte, als Schauspieler aufzutreten. Zum Militärdienst eingezogen, war er gegen Ende des Ersten Weltkriegs am Deutschen Theater an der Westfront tätig. Nach einem Engagement in der Saison 1920/21 am Neuen Schauspielhaus im ostpreußischen Königsberg (Kaliningrad, RUS) ging Gielen an das Landestheater Darmstadt, an dem er bald auch als Regisseur zu arbeiten begann. Nachdem er 1924 Gastregie am Schauspielhaus der Sächsischen Staatstheater in Dresden geführt hatte, wurde er dort fest engagiert und 1934 zum Oberspielleiter ernannt. Darüber hinaus inszenierte er ab den 1920er-Jahren am Berliner Thalia-Theater, am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin und an der Dresdner Staatsoper, 1936 holte ihn Clemens Krauss als Oberspielleiter an die Staatsoper Berlin.
Gielen war seit 1922 mit der Schauspielerin Rosa Steuermann (1891-1973) verheiratet, mit der er zwei Kinder hatte. Aufgrund seiner politischen Einstellung ebenso wie wegen der jüdischen Herkunft seiner Frau geriet er ins Visier der nationalsozialistischen Verfolgung, 1934 wurde bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt, die 1936 erteilte Sondergenehmigung der Reichstheaterkammer 1937 widerrufen und Gielen an der Berliner Oper entlassen. Er konnte dank eines Engagements am Burgtheater nach Wien gehen, wohin ihm Frau und Kinder nach dem ‚Anschluss‘ folgten.
Neben seiner Tätigkeit am Burgtheater kam Gielen 1938/39 als Lehrer für Dramatischen Unterricht an die mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien), an der er neben seiner Unterrichtstätigkeit auch zu inszenieren hatte. Als er von seinem Engagement im Sommer 1939 am Teatro Colón in Buenos Aires (ARG) wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs nicht nach Wien zurückkehren konnte, wurde sein Vertrag seitens der mdw offenbar nicht gekündigt, da er lediglich als „für die Dauer des Krieges vom Unterricht am Schönbrunner Seminar abgehalten“ angesehen wurde.
Von Argentinien aus unterstützte Gielen die Flucht seiner Familie. Frau und Kindern gelang es, Europa im Jänner 1940 über Italien (Triest) zu verlassen und zu ihm nach Buenos Aires zu kommen, wo er bereits einen Vertrag als Opernregisseur am Teatro Colón erhalten hatte.
1948 vom Perón-Regime aus Argentinien ausgewiesen, kehrte Gielen nach Österreich zurück und übernahm im selben Jahr die Direktion des Wiener Burgtheaters, die er bis 1954 innehatte. Danach war er als Spielleiter bzw. Oberregisseur an den Bundestheatern sowie von 1956 bis 1960 zusätzlich als Oberregisseur der Wiener Staatsoper tätig. Darüber hinaus inszenierte er Aufführungen der Salzburger Festspiele und der Bregenzer Festspiele, außerdem führten ihn bis in die frühen 1960er-Jahre Engagements als Opern- und Theaterregisseur nach Amsterdam, Berlin, Florenz, Frankfurt am Main, Hamburg, London, Mailand, Paris und Zürich. 1955 und 1959 kehrte Gielen für Inszenierungen am Max Reinhardt Seminar kurzzeitig an die mdw zurück.
In Würdigung seiner künstlerischen Verdienste wurde Gielen mehrfach ausgezeichnet: Er war Träger des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich, der Josef-Kainz-Medaille der Stadt Wien sowie der Ehrenmedaille der Stadt Wien in Silber, erhielt den Professortitel und war Ehrenmitglied des Wiener Burgtheaters.
Josef Gielen starb am 19. Oktober 1968 in Wien und wurde in einem Ehrengrab am Urnenhain der Feuerhalle Simmering bestattet.
Quellen / Literatur:
mdw-Archiv: Personalakt Josef Gielen, 12/Res/1941; 127/Res/1942; 1896/Präs/1960 Prof.Tit.
ancestry.com: Hesse, Germany, Marriages.
lexm.uni-hamburg.de: Claudia Maurer Zenck, Artikel „Josef Gielen“.
Frithjof Trapp et al. (Hg.), Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933-1945, Bd. 2/1, Boston 1998, S. 310.
geschichtewiki.wien.gv.at: Artikel; „Josef Gielen“; Artikel „Ehrenmedaille“.
parlament.gv.at: Orden und Ehrenzeichen an ehemalige in- und ausländische Regierungsmitglieder und sonstige Persönlichkeiten (10542/AB).Empfohlene Zitierweise:
Erwin Strouhal: Josef Gielen, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/32f19f8d-4c81-4a52-87f4-31a321d39ba4/)Letzte Änderung: 14.11.2024