Würzl, Eberhard
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PersonengruppeStudierende
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Geburtsdatum1915-11-01
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Sterbedatum2003-09-11
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Beschreibung
Eberhard Würzl
geb. 01.11.1915 in Wien, gest. 11.09.2003 in Wien
Eberhard Adolf Würzl wurde am 1. November 1915 als Sohn von Maria (geb. Denk) und Alfons Würzl in Wien geboren. Sein Vater war als Beamter der Niederösterreichischen Landesregierung tätig, beim Katholischen Volksbund sowie beim Deutschen Schulverein Südmark aktiv und ‚alter Herr‘ der Studentenverbindung „Nürnberg“. So wuchs Würzl in einem christlichsozial geprägten, konservativen Elternhaus auf. Seine Mutter starb bereits im Dezember 1917, im Jahr darauf heiratete sein Vater Theresia Amerstorfer, die Würzl und seine 1920 geborene Halbschwester großzog. Sein Vater starb im Februar 1935, im gleichen Jahr legte Würzl die Reifeprüfung an der Bundeslehrerbildungsanstalt in Wien ab und begann als Volksschullehrer zu arbeiten.
Ab dem Wintersemester 1935/36 studierte Würzl an der mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien): Bis 1937/38 belegte er Orgel bei Franz Schütz und Musiktheorie bei Richard Stöhr und Max Springer, 1937/38 zusätzlich den Lehrgang für Schulmusik und den Lehrgang für Musiklehrer in Einzelfächern (Orgel). 1938/39 studierte er Musiktheorie bei Springer, 1939 legte er die Lehramtsprüfung für Schulmusik ab.
Im Winter 1938/39 wurde Würzl Mitglied der Widerstandsgruppe Österreichische Freiheitsbewegung (ÖFB) und war auch der Komponist von deren Hymne, dem „Lied von der Gerechtigkeit“ nach einem Text des Gründers der ÖFB, Roman Karl Scholz. Mit Februar 1940 musste Würzl, der seit September des Vorjahres an zwei Wiener Schulen Musik unterrichtet hatte, seinen Dienst in der Wehrmacht antreten. Nach dem Verrat der ÖFB durch einen Spitzel im Juli 1940 und den in der Folge angestellten Untersuchungen wurde Würzl am 18. Jänner 1941 verhaftet und in das Wehrmachtsgefängnis nach Wien gebracht. Die Gestapo unterzog ihn am 3. Februar einem achtstündigen Verhör, jedoch konnte ihm – nicht zuletzt, da er ausreichend Zeit gehabt hatte, Beweise zu vernichten – keine aktive Beteiligung nachgewiesen werden. Daher blieb auch eine bei seiner zu dieser Zeit hochschwangeren Ehefrau vorgenommene Hausdurchsuchung ohne Ergebnis. Nach seiner am 1. März erfolgten Entlassung aus sechswöchiger Haft musste er sich zur „Frontbewährung“ wieder bei der Wehrmacht melden. Würzl wurde an der ukrainischen Front eingesetzt, wo er 1944 mit Mitgliedern einer polnischen Widerstandsgruppe Kontakt aufnehmen konnte und es ihm dadurch gelang, der Bevölkerung eines Dorfes ebenso wie den ihm unterstellten Soldaten das Leben zu retten.
Ende 1947 kehrte Würzl nach zweijähriger sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach Wien zurück und begann im darauffolgenden Jahr am Bundesrealgymnasium Stubenbastei zu unterrichten. Parallel dazu inskribierte er im Sommersemester 1959 Kirchenmusik an der mdw (damals Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien) und legte im Juni die Reifeprüfung mit vorzüglichem Erfolg ab. Ab 1961 war Würzl als Fachinspektor für Musikerziehung und als Lehrbeauftragter an der mdw tätig. 1972 wurde er zum ao. Professor, 1976 zum o. Professor für Didaktik, Methodik und Praxis des Musikunterrichts an mittleren und höheren Lehranstalten ernannt. Darüber hinaus bekleidete er als Stellvertreter des Vorstandes der Abteilung Musikerziehung (1963-1970), Stellvertreter des Präsidenten der Akademie (1970-1971) sowie Stellvertreter des Rektors (1971-1974) der zur Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien gewordenen mdw zahlreiche administrative Funktionen. Nach seiner 1980 erfolgten Emeritierung studierte Würzl Musikwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Wien und schloss 1987 sein Studium mit der Vorlage der Dissertation „Johann Strauß. Höhen und Tiefen der Meisterjahre 1884-1894“ und der Promotion zum Doktor der Philosophie ab. Von Ende der 1980er- bis Mitte der 1990er-Jahre war Würzl als Lektor am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien tätig. 1989 wurde ihm nach einem Ergänzungsstudium an der mdw der Titel Magister artium verliehen.
Neben seinen pädagogischen Tätigkeiten trat Würzl ab den 1950er-Jahren mit zahlreichen Beiträgen zu musikpädagogischen Themen in Zeitschriften hervor, er verfasste Manuskripte für Musiksendungen des österreichischen Schulfunks, Einführungen für die Programme der Jugendkonzerte des Kulturamtes der Stadt Wien und war Koautor von Schulbüchern. Von 1961 bis 1980 fungierte er darüber hinaus als Chefredakteur der Zeitschrift „Musikerziehung“, von 1974 bis 1980 als Präsident des Österreichischen Volksliedwerks und von 1989 bis 1992 als stellvertretender Präsident der Johann-Strauß-Gesellschaft. Nach seiner Promotion widmete er sich in seinen Publikationen der Johann-Strauß- Forschung sowie zeitgeschichtlichen Themen.
Würzl war seit 1939 mit Gertrude Hofmann (geb. 1920) verheiratet, das Ehepaar hatte vier Kinder. Die Würdigung seiner Verdienste mit Auszeichnungen lehnte er – wie er es formulierte, „aus grundsätzlichen Erwägungen“ – ab. Nur das Ehrenzeichen für Verdienste um Österreichs Befreiung, die Goldene Ehrennadel der Österreichischen Widerstandsbewegung und das Offizierskreuz des Polnischen Verdienstordens nahm er an.
Eberhard Würzl starb am 11. September 2003 in Wien.
Quellen / Literatur:
mdw-Archiv: Matrikelblatt Eberhard Würzl; Personalakt Eberhard Würzl; Interview mit Eberhard Würzl am 25.07.2002.
tvthek.orf.at: „Freiheit und Gerechtigkeit für Österreich“, Interview mit Eberhard Würzl (15.09.1983).
Eberhard Würzl, Musikerzieher wider Willen. Finale con (res)sentimento, in: Musikerziehung. Zeitschrift der Musikerzieher Österreichs. Organ der AGMÖ, Jg. 33 (1979/80), H. 5, S. 217-220.
Eberhard Würzl, Die wirklichen Helden. Studenten und Lehrer der Musikakademie im Widerstand gegen das NS-Regime, in: Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (Hg.), Kunstpunkt Nr. 16/1998, S. 24. [Würzl verwehrte sich nach dem Erscheinen ganz entschieden gegen den nicht von ihm gewählten Titel des Beitrags].
data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre Pötzleinsdorf, Taufbuch Bd. 5, fol. 53; Pfarre Gersthof, Sterbebuch Bd. 5, fol. 238; Pfarre Gersthof, Taufbuch Bd. 11, fol. 29; Klosterneuburg - Stiftspfarre, Sterbebuch Bd. 12, fol. 173.
anno.onb.ac.at: St. Pöltener Bote, 18.12.1930, S. 11; Erlaftal-Bote, 15.03.1931, S. 6; Tages-Post, 19.09.1931, S. 8.
Walter Pass (Hg.), Bekenntnis zur österreichischen Musik in Lehre und Forschung. Eine Festschrift für Eberhard Würzl zum achtzigsten Geburtstag am 1. November 1995 (= Vom Pasqualatihaus 11), Wien 1996, S. 9-10 u. S. 347-359.
[k.A.], Eberhard Würzl gestorben, in: Musikerziehung, Jg. 57 (2003/2004), H. 2, S. 117-118.
musiklexikon.ac.at: Barbara Boisits und Karl Schnürl, Artikel „Würzl, Eberhard“.Empfohlene Zitierweise:
Erwin Strouhal: Eberhard Würzl, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/33c1eb6c-171b-4fc1-bd6b-d16aca9e2076/)Letzte Änderung: 14.11.2024