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Hamburger, Paul


  • Personengruppe
    Studierende
  • Geburtsdatum
    1920-09-03
  • Sterbedatum
    2004-04-11
  • Beschreibung

    Paul Hamburger

    geb. 03.09.1920 in Wien, gest. 11.04.2004 in Yeovil, Somerset (GBR)

    Paul Hamburger wurde am 3. September 1920 als Sohn der Bankangestellten Elsa (auch: Else, geb. Medak) und des Kaufmannes Eugen Andreas (auch: Jenö Endre) Hamburger in Wien geboren, die Familie lebte im 16. Wiener Gemeindebezirk.

    1934/35 kam Hamburger, der zu dieser Zeit ein Gymnasium besuchte, an die mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien), an der er bis 1937/38 Klavier bei Berta Jahn-Beer studierte. Bereits während seiner Ausbildungszeit gab er im Mai 1937 sein Debüt als Pianist mit Beethovens „Klavierkonzert Nr. 1, C-Dur, op. 15“.

    1939 folgte Hamburger seinen Eltern, die im Jahr davor mit einem Dienstbotenvisum vor der nationalsozialistischen Verfolgung nach London geflohen waren, ins britische Exil. Als ‚enemy alien‘ wurde er nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zunächst im Kitchener Camp und dann auf der Isle of Man interniert. Nach seiner Entlassung im Mai 1941 ging Hamburger zurück nach London und studierte von 1941 bis 1942 Klavier bei Frank Merrick am Royal College of Music und danach privat bei Franz Osborn. Ab den frühen 1940er-Jahren trat Hamburger als Solist und Kammermusiker in Erscheinung bzw. begann seine Karriere als einer der bedeutendsten Klavierbegleiter seiner Zeit. Frühen Auftritten gemeinsam mit Norbert Brainin, den er im Internierungslager kennengelernt hatte, folgte eine langjährige Zusammenarbeit mit Suzanne Rozsa, die zeitgleich mit ihm an der mdw studiert hatte und ebenfalls aus Österreich geflohen war. In den vielen Jahrzehnten seiner künstlerischen Karriere arbeitete Hamburger mit zahlreichen prominenten Künstler_innen zusammen, unter anderem Janet Baker, Oskar Czerwenka, Max van Egmond, Liza Fuchsova, Pierre Fournier, Nicolai Gedda, Ernst Haefliger, Thomas Hemsley, Heather Harper, Yfrah Neaman, Anneliese Rothenberger, Irmgard Seefried, Elisabeth Söderström, Paul Tortellier und Elisabeth Warren.

    Von 1952 bis 1956 war Hamburger „vocal coach“ bei der English Opera Group und danach sechs Jahre lang beim Glyndebourne Music Festival. 1962 wurde er „staff accompanist“ bei der BBC (British Broadcasting Corporation), wo er 1976 in das Produktionsteam von Radio 3 wechselte. 1981 begann er seine Lehrtätigkeit an der Guildhall School of Music and Drama und unterrichtete bis wenige Monate vor seinem Tod Gesang und Klavierbegleitung. Neben seiner künstlerischen und pädagogischen Tätigkeit trat er auch als Musikschriftsteller hervor.

    Zu Wien hatte Hamburger – wie Leo Black in seinen Memoiren schrieb – „for ages a love-hate relationship“, doch „rediscovered his affection for Vienna“ in seinen späten Lebensjahren und kehrte für die Abhaltung von Kursen mehrfach nach Österreich zurück. In Würdigung seiner Verdienste wurde Hamburger 1992 mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst sowie 2000 mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse ausgezeichnet.

    Hamburger war in erster Ehe mit der Sängerin Esther Salaman (1914-2005), mit der er zwei Kinder hatte, und in zweiter Ehe mit der Mezzosopranistin Clare Walmesley (1924-1987) verheiratet. Mit beiden verband ihn auch eine künstlerische Partnerschaft.

    Paul Hamburger starb am 11. April 2004 in Yeovil (Somerset), Großbritannien.
    An der Guildhall School of Music and Drama wird in seinem Andenken der nach ihm benannte Paul Hamburger Prize for Voice and Piano Duo vergeben.

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: Matrikelblatt Paul Hamburger.
    gentam.at: Index der jüdischen Matriken Wien und Niederösterreich.
    anno.onb.ac.at: Neues Wiener Tagblatt, 13.05.1937, S. 4; London Information of the Austrian Socialists in Great Britain, Nr. 2, 15.01.1943, S. 2.
    ancestry.com: UK, World War II Alien Internees; England & Wales, Civil Registration Marriage Index.
    Leo Black, BBC Music in the Glock Era and After. A Memoir, London 2010, S. 84-91.
    findmypast.co.uk: Germans Interned in the UK; German Internees Released in UK.
    oxfordmusiconline.com: Alan Blyth, Artikel „Hamburger, Paul“.
    Jutta Raab Hansen, NS-verfolgte Musiker in England. Spuren deutscher und österreichischer Flüchtlinge in der britischen Musikkultur, Hamburg 1996, S. 419.
    newspapers.com: Kensington Post, Middlesex Independent and West London Star, 27.05.1944, S. 2 u. S. 8; [k.A.], Paul Hamburger. Pianist who worked at Glyndebourne and accompanied many of the leading singers of the last 50 years, in: The Daily Telegraph, 30.04.2004, S. 27; Leo Black, Paul Hamburger. Inspired vocal coach, accompanist and BBC music producer, in: The Independent, 21.04.2004, S. 35; [k.A.], Paul Hamburger. Pianist enjoyed lengthy career, in: The Expolitor, 30.04.2004, S. 29.
    derstandard.at: [k.A.], Pianist Paul Hamburger 83-jährig verstorben, 18.04.2004.
    parlament.gv.at: Anfragebeantwortung durch den Bundeskanzler Werner Faymann zu der schriftlichen Anfrage (10694/J) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Orden und Ehrenzeichen an ehemalige in- und ausländische Regierungsmitglieder und sonstige Persönlichkeiten.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Paul Hamburger, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/455b4109-1a80-4643-944c-7defe6153016/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024