Schulhof, Otto
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PersonengruppeLehrende
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Geburtsdatum1889-03-09
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Sterbedatum1958-04-16
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Beschreibung
Otto Schulhof
geb. 09.03.1889 in Wien, gest. 16.04.1958 in Wien
Otto Gustav Schulhof wurde am 9. März 1889 als Sohn von Amalia (geb. Schindler, verw. Levičovsky) und Anton Gustav (geb. Gustav Jacob) Schulhof in Wien geboren.
Von 1904/05 bis 1906/07 studierte Schulhof Klavier bei Hugo Reinhold an dem von der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien geführten Konservatorium für Musik und darstellende Kunst, der Vorgängerinstitution der mdw. 1907 legte er die Reifeprüfung für Klavier mit vorzüglichem Erfolg ab, wurde für die erbrachten Leistungen mit der Silbernen Gesellschafts-Medaille ausgezeichnet und erhielt darüber hinaus eine Prämie. 1906/07 begann er am Konservatorium ein Kompositionsstudium bei Robert Fuchs, das er 1910 an der mittlerweile verstaatlichten Institution, der k. k. Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien, abschloss. Für die mit Auszeichnung abgelegte Reifeprüfung erhielt er ein Akademiediplom und wurde ebenfalls mit einer Prämie bedacht. Darüber hinaus erkannte man ihm 1910 den Staatspreis für Kompositionsschüler zu.
Bereits während seines Klavierstudiums begann Schulhofs Karriere als Klavierbegleiter 1907 mit einem Auftritt mit Eugène Ysaÿe. Mit ihm, ebenso wie mit weiteren, prominenten Musiker_innen, arbeitete er in den folgenden Jahren zusammen, allen voran sind Pau (auch: Pablo) Casals, Bronisłav Huberman, Fritz Kreisler, Erika (auch: Erica) Morini, Alfred Piccaver und Leo Slezak zu nennen. Darüber hinaus trat Schulhof als Solist öffentlich auf und war kompositorisch tätig.
1930 wurde Schulhof in Würdigung seiner künstlerischen Verdienste der Professortitel verliehen. Im selben Jahr heiratete er Maria Magdalena „Magda“ Springer (1907-1977), Tochter des Komponisten, Organisten und Professors an der mdw, Max Springer. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. 1934 bewarb sich Schulhof um eine an der mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien) ausgeschriebene Stelle eines Klavierbegleiters und ging aus dem abgehaltenen Konkurrenzspiel als der geeignetste Kandidat hervor. Seine Anstellung erfolgte mit Beginn des Studienjahres 1934/35.
Unmittelbar nach dem ‚Anschluss‘ trat Schulhof gewissermaßen die Flucht nach vorne an: Mit zwei auf den 16. März 1938 datierten Schreiben – eines an den Unterrichtsminister und eines an den Präsidenten der Akademie gerichtet – bewarb er sich um eine Lehrstelle für Klavier. In dem erstgenannten Brief gab er unter anderem an, „als Sohn katholischer Eltern“ geboren zu sein; in dem an die Akademie adressierten meinte er: „Die Ausstreuungen, dass ich Jude sei, kann ich widerlegen. “ Aus einem vermutlich in der Folge angelegtem Notizzettel, der sich in seinem Personalakt befindet, geht hervor, dass Anfang 1937 aufgrund eines Engagements Schulhofs in Deutschland eine Überprüfung seiner Vorfahren durch die Reichskulturkammer vorgenommen, damals allerdings „gegen das Auftreten des nichtarischen Professors O.S. als Begleiter kein[e] Bedenken erhoben“ wurden. Der Zettel enthält darüber hinaus die Skizze eines bis zu seinen Großeltern reichenden Stammbaums, auf dem die jüdischen Vorfahren markiert sind. Schulhof zog die Bewerbung schließlich zurück, Ende Mai 1938 wurde sein bestehender Vertrag mit 31. August 1938 gekündigt.
Ab Oktober 1938 war Schulhof mit einem Auftrittsverbot belegt. Wie Eberhard Würzl in einem Interview meinte, wurde Schulhof durch seinen Schwiegervater, der NSDAP-Mitglied war, zu einem gewissen Grad vor Verfolgung geschützt. Eventuell war es ihm dadurch möglich, trotz des Auftrittsverbots in einem Ensemble in einem Kaffeehaus spielen zu können. Ein im Mai 1941 erneut durch die Reichsmusikkammer ausgesprochenes Berufsverbot könnte auf das Ende dieser Beschäftigung hinweisen. Von Dezember 1941 bis Ende März 1945 war er gegen ein geringes Entgelt als Bürokraft in einer Firma tätig. Schulhof blieb in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft finanziell auf Unterstützung durch Dritte angewiesen.
Bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs nahm er im Mai 1945 seine künstlerische Tätigkeit wieder auf. Mit Beginn des Nachkriegs-Sommersemesters kehrte Schulhof im Juli 1945 auch als Lehrer für Korrepetition und Klavierkammermusik an die Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien zurück. Einem 1946 gestellten Ansuchen um Wiedergutmachung – auch wenn von Friedrich Wildgans, dem Stellvertreter des Akademiepräsidenten „allein in Anbetracht der allgemeinen künstlerischen Leistungen des Gesuchstellers und seiner Wichtigkeit für das Wiener Musikleben […] auf das Wärmste“ unterstützt – wurde nicht entsprochen, da vom Akademiepräsidenten Karl Kobald zum einen die bereits erfolgte Wiederanstellung ins Treffen geführt wurde, und zum anderen erst 1952 mit dem Beamtenentschädigungsgesetz die entsprechende rechtliche Grundlage geschaffen wurde.
1949 wurde Schulhof in Würdigung seines künstlerischen Schaffens mit der Ehrenmedaille der Stadt Wien ausgezeichnet. Mit 30. September 1954 schied er aus dem Lehrkörper der Akademie aus, bis kurz vor seinem Tod trat er noch bei Konzerten auf.
Otto Schulhof starb am 16. April 1958 in Wien.
Quellen / Literatur:
mdw-Archiv: Personalakt Otto Schulhof; 270/Pr/1910; 98/Res/1934; 108/Res/1934; 184/Res/1934; 675/1938 P2 (enthält 644/1938); 94/Res/1938; 93/Res/1946; 52/Res/1947; Interview mit Eberhard Würzl, 25.07.2002.
data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre Am Hof, Taufbuch Bd. 11, fol. 47.
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Hg.) [i.d.F. GdM], Statistischer Bericht über das Konservatorium für Musik und darstellende Kunst […] [i.d.F. Jahresbericht] für das Schuljahr 1904-1905, Wien 1905, S. 79.
GdM, Jahresbericht für das Schuljahr 1905-1906, Wien 1906, S. 77.
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K. k. Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Hg.), Jahresbericht der k. k. Akademie für Musik und darstellende Kunst über das Schuljahr 1908-1909, Wien 1909, S. 109.
K. k. Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Hg.), Jahresbericht der k. k. Akademie für Musik und darstellende Kunst über das Schuljahr 1909-1910, Wien 1910, S. 108, S. 170 u. S. 172.
anno.onb.ac.at: Neue Freie Presse, 03.03.1907, S. 14.
data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Klosterneuburg-Stiftspfarre, Trauungsbuch Bd. 12, fol. 163.
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Hans Sittner, Professor Otto Schulhof – 60 Jahre, in: Österreichische Musikzeitschrift, Jg. 4 , H. 3-4, S. 81.
anno.onb.ac.at: [k.A.], Sieben Jahre verfehmte Kunst, in: Neues Österreich, 19.05.1945, S. 4.
musiklexikon.ac.at: Monika Kornberger / Lynne Heller, Artikel „Schulhof Otto Gustav“.
konzerthaus.at: Archivdatenbank.
wien.gv.at: Presse-Service, Rathauskorrespondenz April 1949.Empfohlene Zitierweise:
Erwin Strouhal: Otto Schulhof, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons//4c0abec8-6bfd-4554-84d8-f54eb2e0812a/)Letzte Änderung: 14.11.2024