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Hautzig, Walter


  • Personengruppe
    Studierende
  • Geburtsdatum
    1921-09-28
  • Sterbedatum
    2017-01-30
  • Beschreibung

    Walter Hautzig

    geb. 28.09.1921 in Wien, gest. 30.01.2017 in New York, NY (USA)

    Walter Hautzig kam am 28. September 1921 als drittes Kind von Rosa (geb. Zwirn) und Moses Dawid (auch: David) Hautzig in Wien zur Welt. Etwa im Alter von vier Jahren begann Hautzig mit dem Klavierspiel. Ersten Unterricht erhielt er von einer – von ihm nicht geschätzten – Klavierlehrerin, danach wurde er Privatschüler Otto Schulhofs.

    Neben dem Besuch des Gymnasiums begann Hautzig 1936/37 ein Klavierstudium bei Grete Hinterhofer an der mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien). Nach dem ‚Anschluss‘ wagte er sich aufgrund seiner jüdischen Herkunft kaum auf die Straße und kehrte erst nach einiger Zeit wieder an die mdw zurück. Dort war zu diesem Zeitpunkt noch eine Nachrichtenabteilung der SS einquartiert, die er „sleeping on the floor or wherever, and their rifles were on the pianos“ vorfand, wie er sich später erinnerte. Als der Unterricht an der mdw wieder aufgenommen wurde, durften jüdische Studierende nur mehr an bestimmten Tagen Unterricht erhalten. Hautzig rechnete es seiner Lehrerin Hinterhofer hoch an, dass sie die Regelung dahingehend auslegte, an diesen Tagen ausschließlich jüdische Studierende zu unterrichten.

    Ebenso wie seine Mutter und eine Schwester wurde Hautzig kurzfristig arretiert und musste die Straße waschen. Die Buchbinderei seines Vaters wurde arisiert, die Familie später auch aus ihrer Wohnung vertrieben. Für Hautzig ergab sich durch Emil Hauser, den Leiter des Jerusalem Conservatory of Music (später: Jerusalem Academy of Music and Dance), die Möglichkeit, der nationalsozialistischen Verfolgung zu entkommen: Hauser hatte mit dem Britischen High Commissioner in Palästina ausverhandelt, Einreisegenehmigungen für jüdische Musikstudierende zu erhalten, und ließ Hautzig vorspielen, von dessen Talent er begeistert war. Am Jerusalemer Konservatorium erhielt er Unterricht bei Alfred Schröder und Yosef Tal, seine Wohngelegenheit ‚bezahlte’ er mit der Erteilung von Klavierunterricht.

    Nachdem seine Schwester Erna (verh. Podhaicer) im September 1938, seine Mutter im August 1939 und sein Vater im November 1939 Zuflucht in den USA gefunden hatten (seine Schwester Gertrude, verh. Schorr, und ihr Ehemann konnten sich über die Schweiz und Frankreich in Kanada in Sicherheit bringen), ging auch Hautzig ins US-amerikanisches Exil, wo er am 18. Dezember 1939 mit der S. S. Nea Hellas aus Piräus in New York (NY) ankam.

    Hautzig studierte bei Harry Kaufmann und Mieczysław Munz am Curtis Institute in Philadelphia (PA) und gab im November 1943 sein New Yorker Debut in der Town Hall. Es folgte eine viele Jahrzehnte andauernde Karriere als Konzertpianist, die ihn zuerst durch die USA und ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs in die ganze Welt führte. Hautzig unterrichtete von 1960 bis 1988 am Peabody Conservatory of Music (heute: Peabody Institute) in Baltimore (MD), noch im hohen Alter gab er Meisterkurse.
    1950 heiratete Hautzig Esther (auch: Estera) Rudomin (1930-2009), mit der er zwei Kinder hatte.

    Walter Hautzig starb am 30. Jänner 2017 in New York (New York), USA.

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: Matrikelblatt Walter Hautzig.
    jewishgen.org: Vienna Births; Vienna Marriages.
    ancestry.com: New York, U.S., Arriving Passenger and Crew Lists; New York, U.S., State and Federal Naturalization Records; New York, New York, U.S., Marriage License Indexes.
    newspapers.com: The Brooklyn Daily Eagle, 01.11.1943, S. 21; The News-Review, 01.04.1944, S. 4.
    Franziska Stoff, „Die jüdischen Schüler dürfen nur an zwei … an gewissen Tagen kommen.“ – Ein Interview mit dem Pianisten Walter Hautzig, in: Juri Giannini, Maximilian Haas und Erwin Strouhal (Hg.), Eine Institution zwischen Repräsentation und Macht. Die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien im Kulturleben des Nationalsozialismus (Musikkontext 7), Wien 2014, S. 339-354.
    Walter Hautzig und Judith Barban, Playing around … the World: A Pianist Remembers, Rock Hill 2009.
    youtube.com: Walter Hautzig Interview, December 4, 2012.
    youtube.com: Video „The Incredible Life of Pianist Walter Hautzig, as Told By His Granddaughter“.
    Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Hg.), Jahresbericht der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien. Schuljahr 1937/38, S. 8.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Walter Hautzig, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/5495af87-6177-4986-97dd-c2c8414a4f4f/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024