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Spatz-Ebenstein, Zofja


  • Personengruppe
    Studierende
  • Geburtsdatum
    1898-07-17
  • Beschreibung

    Zofja Spatz-Ebenstein

    geb. 17.07.1898 in Brody, Galizien (Brody, UKR)
    Alternative Namen: geb. Zofja Spatz, auch Sofia, Sophia bzw. Sophie, verh. Ebenstein, auch Spatz-Ebenstein bzw. Ebenstein-Spatz

    Zofja Spatz wurde am 17. Juli 1898 als Tochter von Amalie (geb. Rosenblatt) und Chaim Isak Spatz, einem Volksschullehrer, im galizischen Brody geboren. In den 1910er-Jahren kam sie nach Wien, wo sie ein Gymnasium besuchte und etwa von 1915 bis 1921 Klavier bei Julius (auch: Juljusz) Wolfsohn studierte. Darüber hinaus erhielt sie musiktheoretischen Unterricht bei Arnold Schönberg (1916-1919) und Wilhelm Fischer. Anfang der 1920er-Jahre begann ihre Karriere als Konzertpianistin, ab der Mitte des Jahrzehnts unterrichtete sie am Konservatorium für volkstümliche Musikpflege, einer der Sozialdemokratischen Partei nahestehenden Institution. In Erich H. Müllers Musiker-Lexikon wird sie zudem als Verfasserin des Manuskripts eines musiktheoretischen Lehrbuchs (1926) genannt.

    Im April 1930 heiratete Spatz den Geiger Julius Ebenstein, mit dem sie bereits seit längerem eine künstlerische Zusammenarbeit verband. Auch ihr letzter bekannter Auftritt fand bei einem von ihrem Ehemann dirigierten Konzert im Brahmssaal des Wiener Musikvereins am 6. März 1938 statt. Obwohl sie bereits auf eine Karriere als Pianistin und Pädagogin zurückblicken konnte, besuchte Spatz-Ebenstein von 1935/36 bis 1937/38 die Meisterschule für Klavier bei Emil Sauer an der mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien), die sie im Sommersemester 1938 mit der Diplomprüfung abschloss.

    Nach dem ‚Anschluss‘ brachte sich das Ehepaar – beide waren jüdischer Herkunft und Spatz-Ebenstein laut Eigenangabe Sozialdemokratin – vor der nationalsozialistischen Verfolgung in Sicherheit, wobei der Ablauf der Flucht unklar ist. Auf dem Meldezettel Julius Ebensteins ist für Anfang August 1938 eine Abmeldung nach Italien vermerkt, vermutlich die erste Station seiner Flucht ins Exil nach Palästina. Auf dem Meldezettel Spatz-Ebensteins ist das Datum der Abmeldung für den 17. Oktober 1938 mit „Palästina“ als Zielort angegeben, jedoch gelangte sie nie dorthin. In den Akten des Hilfsfonds‘ im Österreichischen Staatsarchiv sind unterschiedliche Daten ihres illegalen Grenzübertritts in die Schweiz zu finden, wobei der früheste mit 10. August angegeben ist, was ein Indiz für eine zunächst gemeinsam mit dem Ehemann angetretene Flucht sein könnte. Mit Sicherheit feststellbar ist, dass sich Spatz-Ebenstein – von ihren Erlebnissen schwer traumatisiert – in der Schweiz niederließ und sich in den folgenden Jahrzehnten mehrmals für längere Zeit in psychiatrische Behandlung begeben musste. Sie war nicht mehr in der Lage, ihre künstlerische Karriere fortzusetzen. Im Juni 1958 kam sie mit der Absicht zu bleiben nach Österreich, kehrte jedoch ein Jahr danach wieder in die Schweiz zurück. Etwa um diese Zeit dürfte sie von Julius Ebenstein geschieden worden sein, der sich 1959 wieder verheiratete.

    Anfang bis Mitte der 1960er-Jahre lebte Spatz-Ebenstein zumindest zeitweise im 19. Bezirk in Wien, ihr letzter bekannter Aufenthaltsort ist eine Heil- und Pflegeanstalt in Wil in der Schweiz. Ein Todesdatum ist derzeit nicht bekannt.

    Quellen / Literatur:
    Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Hg.) [i.d.F. Staatsakademie], Jahresbericht der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst [i.d.F. Jahresbericht] Schuljahr 1935/36, Wien 1936, S. 35.
    Staatsakademie, Jahresbericht Schuljahr 1936/37, Wien 1937, S. 37.
    Staatsakademie, Jahresbericht Schuljahr 1937/38, Wien 1938, S.37.
    wien.gv.at: WAIS – Wiener Archivinformationssystem, Meldezettel Sofia Ebenstein (verehelichte Spatz) [sic], geboren 17.07.1898.
    Erich H. Müller (Hg.), Deutsches Musiker-Lexikon, Dresden 1929, Sp. 1369.
    anno.onb.ac.at: Neue Freie Presse, 30.04.1919, S. 10; Wiener Morgenzeitung, 25.04.1921, S. 3; Kunst und Volk.
    Mitteilungen des Vereines „Sozialdemokratische Kunststelle“, 4. Jg., Nr. 2 (10/1929), [S. 72].
    Elisabeth Kappel, Arnold Schönbergs Schülerinnen. Biographisch-musikalische Studien, Berlin 2019, S. 44 u. S. 471.
    collections.arolsen-archives.org: Registrierungen und Akten von Displaced Persons, Kindern und Vermissten.
    BioExil Datenbank Primavera Driessen Gruber.
    ancestry.com: Germany and Surrounding Areas, Address Books.
    Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik: Entschädigungs- und Restitutionsangelegenheiten, Alter Hilfsfonds 11.604 und Neuer Hilfsfonds 100.151.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Zofja Spatz-Ebenstein, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/6a5cf342-c0f7-4375-8578-5b750412de2c/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024