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Weiss, Erwin


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    Weiß, Erwin
    Falk, Peter
  • dc.date.accessioned
    2024-06-03T15:23:06Z
  • dc.date.available
    2024-06-03T15:23:06Z
  • dc.description

    Erwin Weiss

    geb. 06.10.1912 in Wien, gest. 13.09.2004 in Wien
    Alternative Namen: Erwin Weiß, Pseudonym Peter Falk

    Erwin Weiss wurde am 6. Oktober 1912 als fünftes der sechs Kinder von Gisela (geb. Steiner) und Josef Weiss in Wien geboren. Seine Mutter führte den Haushalt, sein Vater arbeitete nach dem Verlust des eigenen Kaffeehauses etwa seit 1900 als Zahlkellner. In der Familie wurde musiziert und gesungen, mehrere seiner Geschwister erhielten Instrumentalunterricht. Weiss begann 1920 zunächst Geige zu lernen, wechselte jedoch zwei Jahre danach zum Klavier. Nach erstem Privatunterricht durch einen Nachbarn ging er etwa ab der Mitte der 1920er-Jahre an das Neue Wiener Konservatorium, an dem Hedda Ballon seine „erste gute Klavierlehrerin“ war – wie er es 2003 in einem Interview ausdrückte.

    Von 1928/29 bis 1933/34 studierte Weiss Klavier bei Alexander Manhart an der mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien), ab 1930/31 belegte er zusätzlich fünf Jahre lang Musiktheorie bei Ferdinand Habel, Joseph Marx und Max Springer, von 1935/36 bis 1936/37 besuchte er die Kapellmeisterschule bei Felix Weingartner. Weiss legte 1934 die Reifeprüfung für Klavier und 1937 die Reifeprüfung der Kapellmeisterschule ab. 1937/38 studierte er in der Spezialklasse für moderne Klavierliteratur bei Walter Kerschbaumer.

    Bereits während seiner Ausbildungszeit gab Weiss Klavierunterricht, um das geringe Familieneinkommen aufzubessern. Er engagierte sich in der Sozialdemokratischen Partei, trat als Chorleiter des zum Gau Wien des Österreichischen Arbeitersängerbundes gehörenden Jugendchors Favoriten sowie als Pianist öffentlich in Erscheinung und war als musikalischer Betreuer der Theatergruppe Rote Spieler tätig. 1933 wurde er wegen Beleidigung der Dollfuß-Regierung verhaftet und verbrachte eine Nacht in Arrest.

    Gemeinsam mit seinem Bruder Karl gelang es Weiss 1938 mit gefälschten Grenzübertrittsscheinen, die sie von einem Funktionär der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz erhalten hatten, vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die Schweiz zu fliehen. Da ein Verbleib dort nicht möglich war, setzten sie ihre Flucht illegal über die Grenze nach Frankreich fort. Etwa acht Monate verbrachte das Brüderpaar in Paris, wo Weiss Klavierunterricht erteilte und als Pianist auftrat. Im Februar 1939 konnte er nach Großbritannien emigrieren, sein Bruder blieb in Frankreich zurück. Karl Weiss wurde interniert, diente aber später in der französischen Armee und gelangte 1941 schließlich ins US-amerikanische Exil (New York, NY). Weiss‘ Geschwister Hermine (geb. 1899), Alfred (geb. 1905) und Irma (geb. 1914) konnten sich nach Großbritannien in Sicherheit bringen. Seine Brüder Rudolf (geb. 1902) und Heinrich (geb. 1907) wurden am 20. Oktober 1939 nach Nisko (Nisko, POL) deportiert und über die sowjetische Grenze gejagt. Rudolf starb in der Sowjetunion, Heinrich konnte 1960 dank der Hilfe Bruno Kreiskys nach Österreich zurückkehren. Weiss‘ Eltern wurden am 22. Juli 1942 in das Lager Theresienstadt (Terezín, CZE) deportiert, wo sein Vater starb. Seine Mutter wurde am 15. Mai 1944 von Theresienstadt in das Konzentrationslager Auschwitz (Oświęcim, POL) deportiert und dort ermordet.

    Erwin Weiss trat bereits im Juni 1939 im englischen Exil als Pianist auf. Im Oktober 1939 noch „[e]xempted from internment“, war er ab August 1940 etwa acht Monate auf der Isle of Man interniert. Nach seiner Entlassung leistete er Kriegshilfsdienst in einer Fabrik, für kurze Zeit trat er mit der Kapelle von Isy Geiger auf, zog es jedoch vor, in der Fabrik und nicht als Unterhaltungsmusiker tätig zu sein. Weiss arbeitete am kommunistischen Austrian Centre mit und leitete etwa ab 1942 den Young Austrian Choir (auch: Young Austria in England Choir) sowie den Austrian Labour Choir, politische Differenzen ließen ihn jedoch seine Funktionen 1944 zurücklegen.

    Im November 1945 kehrte Weiss nach Wien zurück, wo er seine Karriere als Pianist und Chorleiter fortsetzen konnte. Von 1946 bis 1950 unterrichtete er Klavier am Konservatorium der Stadt Wien, dem er später, von 1960 bis 1978, als Direktor vorstand. Über vier Jahrzehnte war er Chorleiter der Chorvereinigung des ÖGB (Österreichischen Gewerkschaftsbundes), außerdem trat er als Komponist – 1952 mit dem Förderungspreis der Stadt Wien prämiert – hervor.

    Für sein künstlerisches, pädagogisches und organisatorisches Schaffen wurde Weiss vielfach ausgezeichnet. Unter anderem erhielt er 1961 den Professortitel, 1967 den Dr.-Karl-Renner-Preis der Stadt Wien, 1968 den Titel Senatsrat, 1971 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, 1978 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien, 1993 das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich und 2003 die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold.

    Von 1947 bis zu deren Tod war Weiss mit Gertrud Falk (1918-1972) verheiratet, 1951 wurde die gemeinsame Tochter geboren.
    Erwin Weiss starb am 13. September 2004 in Wien und wurde in einem ehrenhalber gewidmeten Grab im Urnenhain der Feuerhalle Simmering bestattet.
    Sein Nachlass, das Erwin-Weiss-Archiv, befindet sich im Bestand Orpheus Trust im Archiv der Akademie der Künste in Berlin (DEU).

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: Matrikelblatt Erwin Weiss.
    genteam.at: Index der jüdischen Matriken Wien und Niederösterreich.
    BioExil Datenbank Primavera Driessen Gruber.
    Primavera Driessen Gruber, Frankreich als Durchgangsland. Zwischenstation im Exil für Erwin Weiss, Transport nach Auschwitz für Kantor Samuel Taube, in: Michel Cullin und Primavera Driessen Gruber (Hg.), Douce France? Musik-Exil in Frankreich 1933–1945, Wien – Köln – Weimar 2008, S. 109-129, hier S. 112-116.
    musiklexikon.ac.at: Christian Fastl, Artikel „Weiss Erwin (Pseud. Peter Falk).
    geschichtewiki.wien.gv.at: Artikel „Erwin Weiss“.
    Werner Röder und Herbert A. Strauss (Hg.), Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, Bd. 2/2, München – New York – London – Paris 1983, S. 1228.
    Jutta Raab Hansen, Spuren deutscher und österreichischer Flüchtlinge in der britischen Musikkultur (= Musik im „Dritten Reich“ und im Exil, Bd. 1), Hamburg 1996, S. 473.
    anno.onb.ac.at: Arbeiter-Zeitung, 08.06.1931, S. 5; Arbeiter-Zeitung, 19.06.1932, S. 4; Arbeiter-Zeitung, 11.12.1933, S. 6.
    familysearch.org: Österreich, Niederösterreich, Wien – Matriken der Israelitischen Kultusgemeinde.
    doew.at: Personendatenbank.
    ancestry.com: 1939 England & Wales Register; UK, World War II Alien Internees; New York, U.S., Arriving Passenger and Crew Lists.
    newspapers.com: The Daily Telegraph, 09.06.1939, S. 12; The Herts and Essex Observer, 17.07.1942, S. 5; The Surrey Advertiser and County Times, 07.08.1943, S. 1.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Erwin Weiss, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/9611c82b-d6b3-4575-8379-cd18b8bcf9af/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024

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    https://dspace.mdw.ac.at/handle/123456789/7383
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    Weiss, Erwin
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    2004-09-13
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