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  • Gedenkbuch

Ebenstein, Viktor

Lehrende


VollstÀndige Ansicht
Lebensdaten
1886-01-20 – 1968-01-03
Weitere Namen
  • Ebenstein, Victor

Biografie

Viktor Ebenstein

geb. 20.01.1886 in Wien, gest. 03.01.1968 in Wien

Viktor Ebenstein wurde am 20. JĂ€nner 1886 als Sohn von Adelheid „Adele“ (geb. Jakob) und Ernest Ebenstein in Wien geboren. Hier besuchte er das Schottengymnasium und begann nach Ablegung der Matura 1904 ein Studium der Musikwissenschaft an der UniversitĂ€t Wien. Bereits wĂ€hrend seiner Schulzeit wurde er von Theodor Leschetitzky pianistisch ausgebildet und parallel zu seinem Studium privat von Franz Schmidt in Harmonielehre, Kontrapunkt und Komposition bzw. spĂ€ter auch Klavier unterrichtet. 1906 unterbrach Ebenstein sein UniversitĂ€tsstudium und nahm Stellen als Korrepetitor und Kapellmeister zuerst in Mainz (DEU), danach in Karlsbad (Karlovy Vary, CZE) an. Nach etwa einem Jahr kehrte er nach Wien und an die dortige UniversitĂ€t zurĂŒck, an der er 1912 mit der Dissertation „Die Messen Philippe de Montes mit besonderer BerĂŒcksichtigung seiner Parodietechnik“ zum Doktor der Philosophie promovierte. Anschließend begann Ebensteins Karriere als Solist, Klavierbegleiter und Kammermusiker, unter anderem trat er mit Alfred RosĂ© und Franz Schmidt auf. In den Jahren 1917 und 1918 gab er vor allem Konzerte in der Schweiz, wo er auch zeitweise lebte und unterrichtete. Neben seiner TĂ€tigkeit als Pianist komponierte Ebenstein: 1919 erschien sein Opus 8 „Thema mit Variationen und Fuge. FĂŒr Klavier zu zwei HĂ€nden“ beim Verlag Doblinger.

Am 1. Oktober 1920 kam Ebenstein zunĂ€chst als Supplent fĂŒr die Klavierklasse des verstorbenen Louis Thern an die mdw (damals Staatsakademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst), mit 1. August des nĂ€chsten Jahres erfolgte die Ernennung zum „wirklichen Lehrer“, zeitgleich wurde ihm der Professortitel zuerkannt. Von 1928/29 bis zu deren Auflassung 1931 wirkte er außerdem als Dozent an der parallel zur Akademie gefĂŒhrten Fachhochschule fĂŒr Musik und darstellende Kunst. Im Zuge der Wiedereingliederung des dort angebotenen Unterrichts in die Akademie wurde Ebenstein mit der Leitung einer Spezialklasse fĂŒr moderne Klavierliteratur betraut. 1937 heiratete Ebenstein die als Musiklehrerin tĂ€tige ehemalige SchĂŒlerin seiner Klavierklasse Gertrud „Gerda“ Goldgruber (1908-2002).

Am 19. Mai 1938 beantragte der nach dem ‚Anschluss‘ eingesetzte kommissarische Leiter der Staatsakademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien, Alfred Orel, die Pensionierung Viktor Ebensteins. Dieser bemĂŒhte sich, seinen Posten zu behalten und wandte sich am 10. Juni brieflich an Orel:

„Im Hinblick auf meine Qualification sowie achtzehnjĂ€hrige LehrtĂ€tigkeit an der Staatsakademie f. Musik & darst. Kunst, trete ich mit der ergebenen Bitte an Sie heran, im Wege eines Sonderantrages beiliegendes Gesuch gĂŒtigst befĂŒrworten zu wollen. Eine plötzliche Lahmlegung meines Berufes wĂŒrde mich besonders schmerzlich treffen, da ich mit ganzem Herzen daran hĂ€nge. Ich hoffe, dass meine Zeilen, sehr geehrter Herr Professor, Ihr geneigtes Entgegenkommen antreffen und zeichne mit wĂ€rmstem Dank [
].“

Das Schreiben (bzw. eine Abschrift davon) wurde – wie Orel dazu anmerkte, „im Sinne meiner RĂŒcksprache mit Herrn Sekt.Chef Dr. Petrin“ – an das Ministerium fĂŒr Inneres und kulturelle Angelegenheiten weitergeleitet. Welchen Inhalts diese RĂŒcksprache war, lĂ€sst sich anhand der Weiterleitung eines Ansuchens von Ebensteins Studierenden erahnen, die ebenfalls um seine Belassung baten. Dieses wurde dem Ministerium von Orel „mit dem Bemerken vorgelegt, dass ich mich trotzdem aus sachlichen GrĂŒnden nicht veranlasst sehe von meinem Antrage auf Pensionierung Prof. Ebensteins abzugehen“.

Auch der ab 1. September 1938 eingesetzte Leiter der Staatsakademie, Franz SchĂŒtz, hielt an der Pensionierung fest. Da sich deren Erledigung verzögerte, wandte sich SchĂŒtz Anfang September 1938 an das Ministerium und ersuchte um die Erlaubnis, Ebenstein „bis zur Entscheidung ĂŒber die beantragte Versetzung [
] in den dauernden Ruhestand vom Dienste beurlauben zu dĂŒrfen“ – ein Ansinnen, das er einige Tage spĂ€ter wiederholte, da er eine Teilnahme Ebensteins an den AufnahmeprĂŒfungen verhindern wollte. Bis zu seiner schließlich mit Ende November 1939 erfolgten Versetzung in den Ruhestand blieb Ebenstein unter Wahrung seiner BezĂŒge beurlaubt, danach musste er mit einer geringen Pension von 150 RM sein Auslangen finden. Eine BerufsausĂŒbung war ihm nicht gestattet, trotz drohender Strafen dĂŒrfte er aber weiterhin Privatunterricht erteilt haben.

Mit Beginn des Nachkriegs-Sommersemesters kehrte Ebenstein Anfang Juli 1945 als Lehrender an die Akademie zurĂŒck. Ab November 1945 war er stellvertretendes Mitglied der fĂŒr die Entnazifizierung des Hauses zustĂ€ndigen Sonderkommission 1. Instanz. In WĂŒrdigung seiner Verdienste und auch unter Hinweis auf die Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime wurde Ebenstein 1947 der Hofratstitel verliehen, auch bei der Beantragung seiner 1949 erfolgten Ernennung zum ao. Hochschulprofessor wurde seitens der Akademie nicht nur auf seine kĂŒnstlerischen und pĂ€dagogischen Erfolge, sondern auch auf die in der Zeit des Nationalsozialismus erlittenen SchĂ€digungen hingewiesen. Ebenstein unterrichtete bis zu seiner mit Ende September 1956 erfolgten Emeritierung.

Viktor Ebenstein starb am 3. JĂ€nner 1968 in Wien.

Quellen / Literatur:
mdw-Archiv: Personalakt Viktor Ebenstein; 173/D/1921; 326/D/1921; 1354/1938 (in: 94/Res/1938); 1604/1938 P2; 1899/1938 P2; 1843/1938 Min; 106/Res/1938; 134/Res/1938; 523/Res/1939; 77/PrÀs/1945; 3332/PrÀs/1945; 234/Res/1946; 110/PrÀs/1946; 178/PrÀs/1947; 74/PrÀs/1949.
data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre St. Elisabeth, Taufbuch Bd. 15, fol. 11 (1886).
wien.gv.at: WAIS – Wiener Archivinformationssystem, Meldezettel Viktor Ebenstein.
data.matricula-online.eu: Rk. Diözese Graz-Seckau, Pfarre Leoben-Waasen, Taufbuch Bd. 12, fol. 30; Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre Weinhaus, Trauungsbuch Bd. 32, fol. 17.

Empfohlene Zitierweise:
Erwin Strouhal: Viktor Ebenstein, in: Gedenkbuch fĂŒr die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons//9f15881a-1918-4edc-9fd2-2924b716fa52/)

Letzte Änderung: 14.11.2024