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Zuckerkandl, Viktor


  • Personengruppe
    Lehrende
  • Geburtsdatum
    1896-07-02
  • Sterbedatum
    1965-04-24
  • Beschreibung

    Viktor Zuckerkandl

    geb. 02.07.1896 in Wien, gest. 24.04.1965 in Ascona (CHE)
    Alternative Namen: Victor Zuckerkandl, falsch Zuckerkandel

    Viktor Zuckerkandl wurde am 2. Juli 1896 als Sohn von Mirjam Amalie (geb. Amalia Schlesinger) und Dr. Otto Zuckerkandl in Wien geboren. Er wuchs gemeinsam mit zwei Schwestern in einem großbürgerlichen, assimilierten jüdischen Elternhaus auf: Sein Vater war ein bekannter Urologe und Dozent bzw. später Professor an der Universität Wien. Seine Mutter – vor allem bekannt durch Gustav Klimts Porträt – war die Tochter des Schriftstellers und Journalisten Sigmund Schlesinger und Enkelin des Direktors des Theaters in der Josefstadt Franz Pokorny.

    Zuckerkandl erhielt neben seiner schulischen Bildung Klavierunterricht bei Richard Robert und wurde – nachdem er zuvor kurz bei Eusebius Mandyczewski musiktheoretische Studien betrieben hatte – im Oktober 1914 Schüler Heinrich Schenkers. Parallel dazu inskribierte er Musikwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Mit seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg fanden seine Studien 1915 ein vorläufiges Ende. 1927 schloss er diese mit der Vorlegung der Dissertation „Prinzipien und Methoden der Instrumentation in Mozarts dramatischen Werken“ und der Promotion zum Doktor der Philosophie ab. Bereits während seines Studiums war Zuckerkandl als Dirigent tätig, nach seinem Abschluss arbeitete er bis 1933 als Kulturjournalist für Blätter des Ullstein-Verlags in Berlin (DEU).

    Ab 1934 bemühte sich Zuckerkandl um eine Anstellung an der mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien). Im Sommersemester 1936 wurde er mit der Abhaltung eines Volkstümlichen Kurses (einem der Öffentlichkeit zugänglichen Weiterbildungsangebot der mdw) über „Musikalisches Gestalten im Gesang“ betraut. Belegbar ist ein weiterer von Zuckerkandl gehaltener Kurs über „Musikalische Gestaltung in Opern-, Oratorien- und Liedgesang“ im Studienjahr 1937/38. Ob er in der Zeit dazwischen auch unterrichtete, kann mangels entsprechender Unterlagen nicht festgestellt werden. Auch ist nicht klar, ob er im Sommersemester 1938 noch als Vortragender tätig war.

    Zuckerkandl floh gemeinsam mit seiner Ehefrau über Schweden (Stockholm) in die USA, wo das Ehepaar am 1. Dezember 1939 mit der S. S. Stavangerfjord aus Norwegen (Oslo) in New York (NY) eintraf. Anfang April 1942 wurden seine Mutter und seine Schwester Eleonore Stiasny nach Izbica (POL) deportiert. Der nach Prag (Praha, CZE) geflohene Ehemann der Schwester und deren gemeinsamer Sohn wurden im Dezember bzw. Oktober desselben Jahres nach Theresienstadt (Terezín, CZE) und in der Folge nach Auschwitz (Oświęcim, POL) deportiert. Sie alle wurden Opfer der Shoah. Zuckerkandls Schwester Hermine Müller-Hofmann und ihr Mann überlebten die Zeit des Nationalsozialismus in Bayern.

    Von 1940/41 bis 1941/42 unterrichtete Zuckerkandl Musik am Wellesley College in Massachusetts und war von 1942 bis 1944 in einem Rüstungsbetrieb beschäftigt. Danach folgte möglicherweise eine Tätigkeit am Middlebury College in Vermont, die in einem kurzen Lebenslauf im „Bulletin“ der New School of Social Research erwähnt wird, an der er von 1946 bis 1949 lehrte. Von 1948 bis 1964 war Zuckerkandl „director of music“ am St. John’s College in Annapolis (MD). Darüber hinaus war er Mitarbeiter des „Harvard Dictionary of Music“ und Verfasser musikwissenschaftlicher Beiträge und Monografien: Unter anderem erschienen 1959 „The Sense of Music“ und 1963 „Die Wirklichkeit der Musik. Der musikalische Begriff der Außenwelt“. Nach seiner Pensionierung ließ sich Zuckerkandl in Ascona (CHE) nieder, wo er bereits seit Anfang der 1960er-Jahre an den Eranos-Tagungen teilgenommen hatte.

    Viktor Zuckerkandl war in erster Ehe mit Marianne Giustiniani (geb. Bachrach, 1882-1964) verheiratet und nach deren Tod mit der Musikwissenschaftlerin und Klavierpädagogin Gertrude „Gerty“ (auch: Gertrud) Bamberger (1904- 1965). Er starb am 24. April 1965 in Ascona.

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: 764/1935 P2; 1648/1937 V.
    familysearch.org: Österreich, Niederösterreich, Wien – Matriken der Israelitischen Kultusgemeinde, Geburtsanzeigen 1896, Zl. 1903 [anbei das Trauungszeugnis der Eltern].
    data.matricula-online.eu: Ev. Kirche A.B., Pfarre Wien-Innere Stadt (Lutherische Stadtkirche), Taufbuch Bd. 22, Zl. 568.
    geschichtewiki.wien.gv.at: Artikel „Otto Zuckerkandl“.
    biographien.ac.at: S. Leskowa, Artikel „Schlesinger, Sigmund“; Hubert Reitterer, Artikel „Pokorny, Franz“.
    oxfordmusiconline.com: Wolfgang Suppan, Artikel „Zuckerkandl, Viktor“.
    mgg-online.com: Harald Haslmayr, Artikel „Zuckerkandl, Viktor“.
    schenkerdocumentsonline.org: Artikel „Viktor [Victor] Zuckerkandl“.
    musiklexikon.ac.at: Harald Haslmayr, Artikel „Zuckerkandl, Familie“.
    ancestry.com: New York, U.S., Arriving Passenger and Crew Lists; 1940 United States Federal Census; U.S., Reports of Deaths of American Citizens Abroad.
    lexikon-provenienzforschung.org: Artikel „Wilhelm Müller-Hofmann“.
    newspapers.com: [k. A.], „Wellesley Faculty Increased by 10“, in: The Boston Globe, 01.06.1940, S. 11; The Philadelphia Inquirer, 10.10.1948, S. 47; The Evening Sun, 06.10.1971, S. 46.
    doew.at: Personendatenbank.
    archive.org: Wellesley College (Hg.), Annual Reports Number of the Wellesley College Bulletin. October 1940, Jg. 30, H. 1, S. 41; Wellesley College (Hg.), Annual Reports Number of the Wellesley College Bulletin. October 15, 1942, Jg. 32, H. 2, S. 35.
    digital.archives.newschool.edu: New School Bulletin, Spring Session 1946, S. 137; New School Bulletin, Spring Session 1949, S. 48.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Viktor Zuckerkandl, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/aac7c358-98a2-4c50-a6eb-85bbba30973a/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024