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Schulbaur, Heinz


  • Personengruppe
    Lehrende
  • Geburtsdatum
    1884-12-30
  • Sterbedatum
    1964-07-03
  • Beschreibung

    Heinz Schulbaur

    geb. 30.12.1884 in Wien, gest. 03.07.1964 in Wien
    Alternative Namen: Alexander Heinrich Karl Schulbaum

    Heinz Schulbaur wurde am 30. Dezember 1884 als Alexander Heinrich Karl Schulbaum, Sohn von Fanni (auch: Fanny, geb. Segner) und Salomon Simon Schulbaum in Wien geboren. Der Familienname – im Geburtsbuch der Israelitischen Kultusgemeinde Wien mit „Riessberg irrig Schulbaum“ angegeben – wurde 1897 auf Schulbaum geändert.

    Schulbaur besuchte das Piaristengymnasium in Wien, an dem er 1904 die Matura ablegte. Im selben Jahr trat er aus dem Judentum aus und begann ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Parallel dazu nahm er Schauspielunterricht bei dem Burgschauspieler Karl Baumgartner. Bevor er 1907 ein Engagement am Stadttheater von Marburg (Maribor, SLO) antrat, wurde er in der Lutherischen Stadtkirche in Wien evangelisch getauft. Während seine ersten Auftritte noch unter dem Namen Heinrich Schulbaum erfolgten, nahm er mit dem Engagement in Marburg den Künstlernamen Heinz Schulbaur an, 1921 ließ er seinen Nachnamen offiziell in Schulbaur ändern.

    1908 kehrte er nach Wien zurück, wo er zunächst am Theater in der Josefstadt bzw. von 1909 bis 1910 am Lustspieltheater und an der Freien Volksbühne auftrat. Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler studierte Schulbaur Jus an der Universität Wien, an der er 1911 zum Dr. iur. promovierte. Ab diesem Jahr trat er an der Neuen Wiener Bühne sowohl als Schauspieler als auch als Regisseur hervor. Im Jänner 1915 heiratete er Alwine (eigtl.: Sidonie Julie Alwine Pauline, auch: Alvine) Krüger (1877-1970), mit der er bereits in mehreren Ensembles zusammengearbeitet hatte. Im August 1914 wurde Schulbaur zum Militärdienst einberufen, blieb jedoch noch bis zum August des darauffolgenden Jahres in Wien künstlerisch tätig. Bei seinem späteren Einsatz in Gefechten wurde er mehrmals verwundet und für die bewiesene Tapferkeit vierfach ausgezeichnet. 1917 kam Schulbaur an das Deutsche Volkstheater in Wien, an dem er als Schauspieler, Regisseur und Stellvertreter des Direktors Alfred Bernau wirkte. Nach einer Saison als Gastregisseur in der Schweiz am Zürcher Schauspielhaus 1922/1923 kehrte er nur mehr für eine Spielzeit an das Volkstheater zurück. Ab 1924 war er als Schauspieler und Regisseur (auch für musikalische Werke) an unterschiedlichen Wiener Bühnen – unter anderem dem Carl-Theater, dem Johann-Strauß-Theater, dem Modernen Theater und den Kammerspielen – ebenso wie beim Rundfunk tätig.

    Im November 1923 begann mit der Übernahme einer Klasse für Schauspiel Schulbaurs künstlerisch-pädagogische Tätigkeit an der mdw (damals Akademie für Musik und darstellende Kunst). 1925 wurde er zusätzlich mit der Leitung einer Klasse für Dramatische Darstellung an der Opernschule betraut. Wie in einem Antrag auf Verleihung des Professortitels hervorgehoben wurde, erwies sich Schulbaur „als feinsinniger und strebsamer Lehrer“, dessen Unterricht sich regen Zulaufs erfreute.

    Nach dem ‚Anschluss‘ wurde Schulbaur vom neu eingesetzten kommissarischen Leiter der Akademie Alfred Orel mit 15. März 1938 beurlaubt und in der Folge „ersucht[,] ein Urlaubsansuchen einzubringen“. Mit einem auf den 24. März 1938 datierten Schreiben meldete sich Schulbaur aus dem ihm angeordneten Urlaub zurück:
    Auf Grund der Mitteilung meines Gruppenvorstandes (Prof. Klitsch) trete ich heute meinen Dienst an und bitte, […] bei der Behandlung meines Falles darauf hinweisen zu dürfen, dass ich vierzig Monate lang Frontkämpfer war.
    Weiters führte er die vier für seinen Einsatz im Ersten Weltkrieg erhaltenen militärischen Auszeichnungen an. Am 29. März verfasste er „[a]uf Rat und Aufforderung des Herrn kommissarischen Leiters“ das geforderte Urlaubsansuchen, wobei er abermals ergänzend auf seine militärischen Auszeichnungen ebenso wie auf seine Heirat „nach evangelischem Ritus […] mit der Tochter eines deutschen Offiziers“ hinwies. Seine im Mai 1938 beschlossene Versetzung in den Ruhestand erfolgte schließlich mit Ende November 1939.

    In den folgenden Jahren verloren Schulbaur und seine Frau ihre Wohnung, ihre sämtlichen Wertsachen wie Manuskripte, Bilder, Kunstgegenstände und eine umfangreiche Bibliothek ebenso wie Möbel und Kleidung. Das Ehepaar wurde in eine Sammelwohnung im Zweiten Wiener Gemeindebezirk eingewiesen, Schulbaur musste als Säckekleber und als Maschinenarbeiter in einem Rüstungsbetrieb – Letzteres auch in Nachtschichten bis 22 Uhr – arbeiten.
    Im Jänner 1945 wurde Schulbaur der Beihilfe zum Hochverrat verdächtigt und für mehrere Wochen in Gestapo-Haft genommen. Ihm wurde zur Last gelegt, in Verbindung mit der Gruppe um Fritz Jellinek, Daniza und Rada Ilitsch zu stehen, die Kurt Erich Glauber, der vor der nationalsozialistischen Verfolgung aus Wien geflohen und als Angehöriger der britischen Armee zurückgekehrt war, versteckt hielten.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs trat Schulbaur bereits am 25. April 1945 wieder seinen Dienst als Lehrender an der Akademie an, ab Mitte Juni 1945 war er für etwa vier Wochen außerdem „mit der vorläufigen Leitung des Schauspielseminars“ betraut und übernahm auch im Sommersemester 1948 interimistisch diese Funktion. 1949 wurde ihm in Anerkennung seiner Verdienste der Titel eines ao. Professors verliehen. Mehrfache Bemühungen seitens der Akademie, ihn auch mit dem Hofratstitel zu ehren, scheiterten. Mit Ende des Jahres 1949 wurde Schulbaur in den Ruhestand versetzt.

    Seine künstlerischen Tätigkeiten, die er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit Regiearbeiten für das Wiener Volkstheater und am Neuen Schauspielhaus wieder aufgenommen hatte, fanden bis in die 1950er-Jahre ihre Fortsetzung beim Rundfunk, wo er als Regisseur und Schauspieler für die „Radiobühne“ und „Die Russische Stunde“ wirkte. 1954 übernahm er eine Rolle in dem Film „Der Komödiant von Wien“.

    Heinz Schulbaur starb am 3. Juli 1964 in Wien.

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: Personalakt Heinz Schulbaur; 609/D/1924; 866/1938 PU; 1354/1938 (in: 94/Res/1938); 1843/1938 Min; 523/Res/1939; 73/Res/1945; 91/Res/1945; 381/Res/1945; 573/Pr/1959.
    genteam.at: Index der jüdischen Matriken Wien und Niederösterreich; Austritte in Wien aus der IKG; Konvertiten in Wien.
    familysearch.org: Österreich, Niederösterreich, Wien – Matriken der Israelitischen Kultusgemeinde, Geburtsbuch Bd. I, J 1883-1884, Nr. 4127 und Trauungsbuch, Bd. E, Nr. 350.
    data.matricula-online.eu: Ev. Kirche A.B., Pfarre Wien-Innere Stadt (Lutherische Stadtkirche), Taufbuch Bd. 62, bei Zl. 391.
    Wiener Stadt- und Landesarchiv: Opferfürsorgeakt 101818/E.
    ancestry.com: Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials.
    friedhoefewien.at: Verstorbenensuche.
    Deutscher Bühnenverein (Hg.), Deutsches Theater-Adreßbuch 1918/19, Berlin 1918, S. 575.
    anno.onb.ac.at: Auswertung der Erwähnungen Schulbaurs in: „Neues Wiener Journal“, „Wiener Zeitung“, „Illustrierte Kronen Zeitung“, „Die Stunde“ u. „Die Bühne“ [aus Gründen der Übersichtlichkeit keine einzelnen Angaben]; [k.A.], Der vergeßliche Bernau und der vergessene Schulbaur, in: Die Stunde, 31.07.1924, S. 5; [k.A.], Opernklasse Dr. Heinz Schulbaur, in: Neues Wiener Journal, 21.01.1937, S. 15; [k.A.], Vorstellung der Schauspielklasse Schulbaur, in: Die Stunde, 02.03.1938, S. 4.
    Scriptdepartment.org: Werkliste Heinz Schulbaur.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Heinz Schulbaur, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons//c1d9538b-4ce2-4a3b-8b57-72aacc9b7e67/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024