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Asriel, André


  • Personengruppe
    Studierende
  • Geburtsdatum
    1922-02-22
  • Sterbedatum
    2019-05-28
  • Geburtsort
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  • Sterbeort
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  • Beschreibung

    Asriel Andre

    geb. 22.02.1922 in Wien, gest. 28.05.2019 in Berlin (DEU)

    Andre Moreno Asriel wurde am 22. Februar 1922 als zweites Kind von Paula (auch: Pasqua bzw. Paquita, geb. Asriel) und Viktor Asriel in Wien geboren. Gemeinsam mit seiner drei Jahre älteren Schwester Helene Antoinette „Heliza“ (verh. Naval) wuchs er in einem wohlhabenden, bürgerlichen Zuhause auf. Die Familie war nicht religiös, es wurden Ostern und Weihnachten gefeiert und Asriel trat bereits als Jugendlicher aus der Israelitischen Kultusgemeinschaft aus. Sein Vater, ein Gesellschafter der türkischen Großhandelsfirma Brüder Asriel & Farchy, starb am 15. Jänner 1931.

    Neben dem Besuch des Gymnasiums begann Asriel 1935/36 sein Klavierstudium bei Grete Hinterhofer an der mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien). Musiktheoretischen Unterricht besuchte er nicht – wie häufig kolportiert –als Haupt-, sondern als Nebenfach bei Richard Stöhr.

    Nach dem ‚Anschluss‘ bereitete die Mutter seine Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung vor: Er erhielt intensiven Englischunterricht, sie organisierte für ihn einen türkischen Pass und die Reise über Belgien (Antwerpen), wo er kurz bei Verwandten unterkam, nach Großbritannien. Sie selbst blieb in Wien und beging am 5. Oktober 1942 angesichts der ihr drohenden Deportation Selbstmord. Seine Schwester war vermutlich durch die Ehe mit einem nicht von Verfolgung bedrohten Mann geschützt und überlebte die Shoah.
    Asriel lebte im britischen Exil zunächst bei entfernten Verwandten in London, wurde von ihnen jedoch in ein Flüchtlingsheim „abgeschoben“. Nach London zurückgekehrt, kam er über seinen früheren Wiener Schulkollegen Erich Fried in Kontakt mit der von Exilant_innen gegründeten, kommunistischen Freien Deutschen Jugend (FDJ). Diese bot ihm einen Familienersatz, in ihrem Kreis wurde er politisch sozialisiert, von ihr wurde er auch finanziell unterstützt. Dadurch konnte er nach seinen 1941 an der Royal Academy of Music abgelegten Abschlussprüfungen für Klavier und Klavierbegleitung privat Klavier bei Franz Osborn und Komposition bei Ernst Hermann Meyer studieren. Für den von ihm geleiteten Chor der FDJ komponierte Asriel Lieder zu Texten von Erich Fried, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen gab er trotz eines noch bestehenden Arbeitsverbots Konzerte gemeinsam mit dem Geiger Norbert Brainin. Später war er als Pianist in einer englischen „Schrammelkapelle“ (wie er es in einem Interview 2013 formulierte) tätig, gemeinsam mit Brainin war er mit dem „Anglo-Polish Ballet“ unterwegs, etwa zwei Jahre arbeitete er in einer Fabrik.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war es ihm 1946 aufgrund eines Stipendiums möglich, nach Berlin (DEU) zu gehen, um Komposition bei Reinhard Schwarz-Schilling und Hermann Wunsch sowie Klavier bei Richard Rössler an der Hochschule für Musik zu studieren. 1948 legte er das Staatsexamen für Klavier ab. (Zu einigen Daten seiner künstlerischen Biografie kursieren unterschiedliche Jahresangaben. Hier werden die auf der Website andre.asriel.de genannten Jahre verwendet.) Sein Kompositionsstudium setzte er von 1950 bis 1951 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) als Schüler Hanns Eislers an der Deutschen Akademie der Künste fort. Ebenfalls 1950 begann er seine Tätigkeit an der neu gegründeten Deutschen Hochschule für Musik (später: Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin): Hier unterrichtete als Dozent Theorie bzw. nach der 1967 erfolgten Berufung zum Professor Komposition, 1980 emeritierte er. In seinem kompositorischen Schaffen widmete er sich vor allem Vokalmusik (Liedern, Balladen, Songs, Chansons), später wandte er sich verstärkt Filmmusik zu.

    Andre Asriel starb am 28. Mai 2019 in Berlin.

    Quellen / Literatur:
    Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst Wien (Hg.), Jahresbericht der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien. Schuljahr 1935/36, S. 19.
    Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst Wien (Hg.), Jahresbericht der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien. Schuljahr 1936/37, S. 19.
    Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst Wien (Hg.), Jahresbericht der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien. Schuljahr 1937/38, S. 21.
    genteam.at: Index der jüdischen Matriken Wien und Niederösterreich.
    jewishgen.org: Austria-Czech: Turkish Comunity [sic] of Vienna, Austria 1845-1938, Births Register.
    wien.gv.at: Wiener Archivinformationssystem, Handelsregister, Brüder Asriel & Farchy.
    anno.onb.ac.at: Neue Freie Presse, 17.01.1931, S. 21.
    Bio Exil Datenbank Primavera Driessen Gruber.
    doew.at: Personendatenbank.
    Werner Röder / Herbert A. Strauss: Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933-1945, Bd. 2/1, S. 38.
    andre.asriel.de: Biographie.
    mgg-online.com: Frank Schneider, Artikel „Asriel, Andre“.
    musiklexikon.ac.at: Monika Kornberger / Andrea Harrandt, Artikel „Asriel, Andre“.
    archive.org: Royal Academy of Music London (Hg.), List of Licentiates April 1940 – April 1949, S. 9-10.
    portal.dnb.de: Interview des Deutschen Exilarchivs 1933 - 1945 mit Andre Asriel, Interviewer: Jochanan Shelliem, Berlin, 25.07.2013.
    hfm-berlin.de: Geschichte der Hochschule.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Andre Asriel, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/c65a00f5-a381-4723-a110-07986017c6fb/)

    Letzte Änderung: 27.11.2024