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Freiberg, Gottfried


  • Personengruppe
    Lehrende
  • Geburtsdatum
    1908-04-11
  • Sterbedatum
    1962-02-02
  • Beschreibung

    Gottfried Freiberg

    geb. 11.04.1908 in Wien, gest. 02.02.1962 in Wien
    Alternative Namen: geb. Gottfried Rudolf Demetrius Karl Maria Adolf Hans Ritter von Freiberg

    Gottfried Rudolf Demetrius Karl Maria Adolf Hans Ritter von Freiberg kam am 11. April 1908 als Sohn von Emma (geb. Stiegler) und Dr. Gustav Ritter von Freiberg in Wien zur Welt. Sein Vater, damals noch Finanzkonzeptspraktikant, war später als Sektionschef im Innenministerium tätig, seine Mutter stammte aus einer Familie, der mehrere Mitglieder des Orchesters der Wiener Hofoper angehörten.

    Freiberg studierte von 1922/23 bis 1926/27 Horn bei seinem Onkel Karl Stiegler an der mdw (damals Akademie für Musik und darstellende Kunst) und legte 1927 die Reifeprüfung mit vorzüglichem Erfolg ab. Seine anschließende Karriere als Berufsmusiker begann er als Solohornist des Badischen Landestheaters in Karlsruhe (heute: Badisches Staatstheater Karlsruhe) in Deutschland und sammelte parallel dazu pädagogische Erfahrung als Lehrer für Horn am dortigen Konservatorium für Musik der Landeshauptstadt Karlsruhe.

    1928 wurde er als zweiter Solohornist in das Orchester der Wiener Staatsoper und als Mitglied der Wiener Philharmoniker aufgenommen und folgte 1932 dem verstorbenen Karl Stiegler als erster Solohornist des Ensembles nach. Im selben Jahr kam Freiberg, der seit 1928 Blechblasinstrumente an der Bundeserziehungsanstalt Traiskirchen unterrichtet hatte, als Lehrer für Horn an die mdw (damals Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien). Im Studienjahr 1936/37 ließ er sich von seinen Posten beurlauben, um ein Engagement im Boston Symphony Orchestra in Massachusetts (USA) anzunehmen. Wie sein Biograf Robert Freund nachwies, hatte Freiberg vor, in die Vereinigten Staaten auszuwandern, jedoch verlief die Spielzeit aus verschiedenen Gründen nicht positiv, weswegen er nach Wien zurückkehrte.

    Nach dem ‚Anschluss‘ galt Freiberg aufgrund eines jüdischen Großelternteils nach den nationalsozialistischen Rassengesetzen als „Mischling 2. Grades“. Die zunächst ausgesprochene Kündigung wurde im Juli 1938 zurückgezogen, wobei für den Fall der Nichtgenehmigung des gestellten Belassungsantrages eine Kündigungsfrist von einem Monat festgelegt wurde. Im Februar 1939 erneuerte die mdw ihr Ansuchen, Freiberg aufgrund seiner „fachlichen und pädagogischen hervorragenden Leistungen“ weiterhin als Lehrkraft behalten zu dürfen. Bis Herbst 1939 war über seinen weiteren Verbleib noch immer nicht endgültig entschieden. Vom Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten dazu aufgefordert, stellte die mdw die Anfrage an die NSDAP, ob Freiberg „als politisch unbedenklich“ anzusehen sei. In seinem Antwortschreiben führte das Personalamt der Kreisleitung VI an, Freiberg sei „vor dem Umbruch Anhänger des Systems“ gewesen, hätte „in keiner Weise mit der Bewegung sympathisiert“, auch wäre seine „Einstellung zu Partei und Staat ablehnend“ und stellte abschließend fest: „Der Genannte wird sich noch durch längere Zeit bewähren müssen, bevor man ihm politisches Vertrauen schenken kann“. Der Leiter der mdw, Franz Schütz, legte Ende Oktober 1939 eine Abschrift der Stellungnahme dem Ministerium vor, verbunden „mit dem nochmaligen Hinweis“, dass Freiberg „zu den weitaus besten Lehrern der Anstalt zählen“ würde und „unentbehrlich“ wäre. Trotz der seitens der NSDAP geäußerten Bedenken konnte Freiberg seine Unterrichtstätigkeit fortsetzen und, aufgrund der Intervention Wilhelm Furtwänglers, auch im Orchesterverband der Wiener Philharmoniker verbleiben.

    Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur übernahm Freiberg zunächst eine Position als Vorstandsmitglied der Wiener Philharmoniker und war von 1946 bis 1947 Vorstand des Orchesters. An der mdw wurde seine Lehrverpflichtung 1950 um das Fach Bläserensemble erweitert, 1956 übernahm er zudem die Leitung der Abteilung Blasinstrumente und Schlagwerk.

    Neben seiner Tätigkeit in den Orchestern und an der mdw gehörte Freiberg im Lauf seiner Karriere mehreren Kammermusikensembles an: dem Stiegler-Quartett, der von ihm mitbegründeten Neuen Wiener Bläservereinigung, der Bläservereinigung der Wiener Philharmoniker sowie dem von ihm gegründeten Freiberg-Quintett. Darüber hinaus trat er nicht nur als Komponist, sondern auch als Verfasser einer Naturhornschule hervor.

    Freiberg war ab 1941 mit Theresia (auch: Therese) Krieglstein (1912-1983) verheiratet, 1942 kam die Tochter des Paares zur Welt.

    In Würdigung seiner künstlerischen und pädagogischen Verdienste wurde er mit dem Professortitel (1952) und dem Ehrenring der Wiener Philharmoniker (1953) ausgezeichnet. Seine bevorstehende Ernennung zum ao. Professor an der mdw erlebte er nicht mehr:
    Gottfried Freiberg starb am 2. Februar 1962 in Wien.

    Anlässlich Freibergs 80. Geburtstags gab sein Schüler Roland Horvath 1988 das Buch „Gottfried Ritter v. Freiberg in Zeitzeugnissen“ heraus. 2020 erschien das von Robert Freund verfasste Buch „Gottfried von Freiberg. Hornist. Lehrer. Vorbild“, mit dem er seinen ehemaligen Lehrer würdigte.

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: Personalakt Gottfried Freiberg; 94/Res/1938; 101/Res/1938; 88/Res/1939; 422/Res/1939.
    ancestry.com: Vienna, Austria, Catholic Church Registers; New York, U.S., Arriving Passenger and Crew Lists.
    data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre St. Elisabeth, Taufbuch Bd. 26, fol. 24 (1908); Pfarre Alservorstadtkrankenhaus, Taufbuch Bd. 225, fol. 266.
    kons.karlsruhe.de: Artikel „Historie des Hauses“.
    Roland Horvath, Gottfried Ritter v. Freiberg in Zeitzeugnissen, Wien 1988.
    Robert Freund, Gottfried von Freiberg. Hornist. Lehrer. Vorbild, Wien 2020, insbes. S. 44-48.
    musiklexikon.ac.at: Artikel „Freiberg, Gottfried Rudolf Demetrius Karl Maria Adolf Hans (Ritter von)“.
    Bernadette Mayrhofer und Fritz Trümpi, Orchestrierte Vertreibung. Unerwünschte Wiener Philharmoniker. Verfolgung, Ermordung und Exil, Wien 2014, S. 51-52.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Gottfried Freiberg, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons//db14d4cb-ff56-4763-a030-158280f7c141/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024