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Lafite, Carl


  • Personengruppe
    Lehrende
  • Geburtsdatum
    1872-01-31
  • Sterbedatum
    1944-11-19
  • Beschreibung

    Carl Lafite

    geb. 31.10.1872 in Wien, gest. 19.11.1944 in St. Wolfgang
    Alternative Namen: Pseudonym Karl Daumer

    Carl Johann Sigmund Lafite wurde am 31. Oktober 1872 als Sohn von Johanna Helene (geb. Daumer) und Carl Anton Friedrich Lafite, einem Landschaftsmaler, in Wien geboren. Nach Ablegung der Matura an einem Gymnasium begann er 1890/91 ein Orgelstudium bei Josef Vockner an dem von der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien geführten Conservatorium für Musik und darstellende Kunst (der Vorläuferinstitution der mdw), 1892/93 belegte er zusätzlich Komposition bei Johann Nepomuk Fuchs, bei dem er noch ein weiteres Studienjahr verblieb nachdem er 1893 die Reifeprüfung für Orgel abgelegt und für die erbrachte Leistung mit der Silbernen Gesellschaftsmedaille ausgezeichnet worden war.

    In der Saison 1894/95 begleitete Lafite den Geiger František Ondříček auf dessen Konzertreise und nahm danach für kurze Zeit an der Musikschule in Olmütz (Olomouc, CZE) eine Lehrstelle an, war jedoch weiterhin als Solist und Klavierbegleiter tätig und veröffentlichte erste Kompositionen. In den folgenden Jahrzehnten etablierte er sich im Wiener Musikleben außerdem als Organist und Chorleiter (u.a. des Wiener Damenchors, des Männergesangvereins Wiener Sängerbund und der Wiener Singakademie). Er war 1909 Mitbegründer des Neuen Conservatoriums für Musik (später: Neues Wiener Konservatorium), an dem er von 1909 bis 1910 und 1921 bis 1938 Musiktheorie und Orgel unterrichtete. Darüber hinaus war er Autor zweier Bücher und schrieb als Musikkritiker und Feuilletonist für mehrere Tageszeitungen. Von 1912 bis 1922 war er als Generalsekretär der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien und später als deren Direktionsmitglied tätig. Als 1925 die mdw (damals Akademie für Musik und darstellende Kunst) um Abgabe eines Gutachtens über die Verleihung des Professortitels an Lafite ersucht wurde, sprach sich das Direktorium intern gegen die Verleihung aus, da er „pianistisch von einer geradezu frivolen Leichtfertigkeit“ sei, beschloss jedoch „ausweichend […] zu erwidern […]“ und darum zu ersuchen, dass „von der Stellungnahme des Direktoriums abgesehen werden möge“.

    1926 wurde Lafite mit dem Professortitel ausgezeichnet und machte der Akademie den Vorschlag, einen „Stilbildungskurs für künstlerisches Akkompagnement“ abzuhalten. Der Kurs sollte dazu dienen
    a) Die gesammte [sic] Literatur auf dem Gebiete des Liedergesanges b) Das wichtigste aus der Opern- u. Oratorienliteratur c) Die hauptsächlichen Werke der Instrumentalliteratur gründlich durchzunehmen und speziell das Akkompagnement künstlerisch durchzubilden“.
    Offenbar überzeugte das Konzept: Der Kurs wurde ab dem März 1928 an der Akademie angeboten.

    1938 wurde Lafites Vertrag nach dem ‚Anschluss‘ vom kommissarisch eingesetzten Leiter der mdw, Alfred Orel, mit Ende des Studienjahres gekündigt. Grund dafür war dessen Annahme, Lafites Ehefrau wäre Jüdin. Eine von Lafite angestrebte weitere Beschäftigung an der mdw wurde von Orels Nachfolger Franz Schütz abgelehnt. In einem Schreiben an die Gauleitung Wien der NSDAP gab er an, Lafite hätte „wie ich von ihm selbst weiss, einer Freimaurerloge angehört“ und erschiene seine Frau „nach den Nürnberger Gesetzen nicht tragbar“.

    Mit der Auflösung des Neuen Wiener Konservatoriums verlor Lafite 1938 auch seine dortige Lehrstelle. Künstlerisch und journalistisch (er schrieb für das „Neue Wiener Tagblatt“ unter dem Pseudonym Karl Daumer) blieb er in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur weiterhin tätig.

    Carl Lafite starb am 19. November 1944 in St. Wolfgang und ist in einem ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.
    1952 wurde im 13. Wiener Gemeindebezirk die Lafitegasse nach ihm benannt. Zuletzt wurde ihm 2022 anlässlich seines 150. Geburtstages mit einer Veranstaltung im Wiener Musikverein gedacht.

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: Personalakt; Akademie und Fachhochschule: Akademische Gremien – Protokolle, Protokoll der Direktoriumssitzung am 26. November 1925; 3/1926 V; 2745/28 A; 1843/1938 Min; 188/Res/1938.
    data.matricula-online.eu: Ev. Kirche H.B., Pfarre Wien-Innere Stadt (Reformierte Stadtkirche), Taufbuch Bd. 8, pag. 125.
    Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Hg.) [i.d.F. GdM], Bericht über das Conservatorium für Musik und darstellende Kunst […] für das Schuljahr [i.d.F. Jahresbericht] 1890-1891, Wien 1891, S. 9 u. S. 21.
    GdM, Jahresbericht 1891-1892, Wien 1892, S. 21.
    GdM, Jahresbericht 1892-1893, Wien 1893, S. 8, S. 22, S. 94 u. S. 96.
    GdM, Jahresbericht 1893-1894, Wien 1894, S. 53.
    anno.onb.ac.at: Neue Freie Presse, 10.03.1895, S. 16; Die Lyra, 15.12.1900, S. 7; Die Neue Zeitung, 09.12.1912, S. 4; Der Tag, 18.09.1935, S. 6; Neues Wiener Tagblatt, 22.11.1944, S. 2.
    Marion Lafite, Carl Lafite zum Gedächtnis, in: ÖMZ Jg. 27 (1972), H. 11, S. 608-611.
    musiklexikon.ac.at: Alexander Rausch und Monika Kornberger, Artikel „Lafite, Familie“.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Carl Lafite, in: Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/df1d8077-9d3a-4330-ba76-c26816ca48fd/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024