Kunowski, Rolf
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Kuno, Rolf
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2024-06-03T15:22:52Z
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2024-06-03T15:22:52Z
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Rolf Kunowski
geb. 09.11.1917 in Halle an der Saale (DEU), gest. 05.09.2014 in Brisbane, QLD (AUS)
Alternative Namen: Rolf KunoRolf Kunowski kam am 9. November 1917 als Sohn von Auguste Martha (geb. Schröter) und Dr. Salo Kunowski in Halle an der Saale (DEU) zur Welt, wo sein Vater als UniversitÀtslektor tÀtig war.
Kunowski absolvierte an der Staatlich-stĂ€dtischen Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein eine Ausbildung zum Kunsterzieher. Er wurde im nationalsozialistischen Deutschland zweimal wegen politischer ĂuĂerungen verhaftet und im August 1939 zu mehrmonatigem Arrest verurteilt, den er im Straflager Moosburg verbĂŒĂte. Dort kam Kunowski an Kontakte zu âimmer noch österreichische[n] Hilfsnetze[n]â und ging nach seiner Entlassung Mitte April 1940 nach Wien, wo er sich einer sozialdemokratischen Widerstandsgruppe anschloss. Er fand Arbeit in einer Kunstgewerbefirma und wurde nach deren Verkauf 1943 zwar als Mitarbeiter ĂŒbernommen, jedoch von der Arbeit freigestellt. Dadurch war er finanziell abgesichert und hatte ausreichend Zeit, um 1943/44 sowohl ein Regiestudium am Schauspiel- und Regieseminar Schönbrunn der mdw (damals Reichshochschule fĂŒr Musik Wien) zu beginnen als auch Theaterwissenschaft an der UniversitĂ€t Wien zu studieren und einen Kurs fĂŒr darstellende Kunst bei Anna Bahr-Mildenburg an der Musikschule der Stadt Wien (heute: Musik und Kunst PrivatuniversitĂ€t der Stadt Wien) zu besuchen.
Kunowskis Aufenthalt in Wien blieb vom Gauamt fĂŒr Sippenforschung nicht unbemerkt. Im Mai 1941 wurde er dorthin vorgeladen und mit Schreiben des Gauamts vom 27. Oktober 1941 informiert:
âNach Abschluss Ihrer Abstammungsangelegenheit teilen wir Ihnen mit, dass Sie Mischling I. (ersten) Grades sind. Ihr Vater wurde am 14.6.1883 in Brest-Litowsk [geboren] und ist Jude. â
Ein im April 1943 an ihn ergangenes Schreiben des Gauamts, mit dem er zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert wurde, kann als Hinweis darauf gelesen werden, dass er das Amt mit der Aussicht auf Dokumente, die eine jĂŒdische Herkunft widerlegen könnten, eine Zeit lang hingehalten hat. Doch noch eine weitere Stelle wurde in seiner Angelegenheit aktiv: Im Mai 1944 forderte die StudentenfĂŒhrung der UniversitĂ€t Wien Rektor Eduard Pernkopf zur neuerlichen ĂberprĂŒfung der Studienberechtigung Kunowskis auf:
âWie ich durch eine politische Beurteilung vom Rassenpolitischen Amt der NSDAP erfahre, ist er Mischling I. Grades. In seinen Meldungspapieren gibt er sich zwar als Arier aus, doch dĂŒrften auf Grund seines Ă€uĂeren Erscheinungsbildes keine Zweifel an einer jĂŒdischen Abstammung bestehen. Ich möchte daher bitten, eine nochmalige ĂberprĂŒfung [âŠ] vornehmen zu lassen, da ein Studium des Genannten sicher Ă€uĂerst unerwĂŒnscht ist. â
Wie genau Kunowski es schaffte, sich ohne eine weitere Verhaftung durch die Zeit des Nationalsozialismus zu bringen, lÀsst sich aus heutiger Sicht kaum nachvollziehen. Seine Studienkollegin Hilde Mikulicz schrieb in ihren Erinnerungen dazu, dass er
âBeistand bei einem einfachen Beamten seiner polizeilichen Meldestelle in Wien fand. [âŠ] Da er sich stĂ€ndig mit seinen verhĂ€ngnisvollen Papieren melden muĂte, erhielt er nach Verlustmeldung tatsĂ€chlich andere, unverfĂ€nglichere Unterlagen. Wie leicht das Gewebe menschlicher Hilfsbereitschaft zerreissen konnte, stand in Angst tĂ€glich zur Frage. â
Sein nach Frankreich geflohener Vater wurde am 28. August 1942 von Drancy nach Auschwitz (OĆwiÄcim, POL) deportiert und ermordet.Als Student des Schauspiel- und Regieseminars Schönbrunn (heute: Max Reinhardt Seminar) setzte sich âder Kunoâ â wie er allgemein genannt wurde â fĂŒr dessen WeiterfĂŒhrung nach der Ausrufung des âtotalen Kriegesâ bzw. der SchlieĂung der Hochschulen ein. Ăber seinen Bekanntenkreis erfuhr er, dass fĂŒr die Erzeugung von Tretminen ProduktionsstĂ€tten gesucht wurden, und er organisierte die Einrichtung einer solchen im Palais Cumberland. Dass die dort hergestellten ZĂŒnder keine Hilfe fĂŒr den Krieg waren, sondern damit vielmehr Sabotage betrieben wurde â wie Kunowski spĂ€ter in einem Interview erzĂ€hlte â, war selbst dem damaligen Leiter des Seminars, Hans NiederfĂŒhr, bewusst. Da die Studierenden wegen ihres Einsatzes vor Ort nicht zu anderen Kriegsleistungen eingezogen wurden, fand bis kurz vor den letzten Kriegstagen noch Unterricht statt, und es gab sogar AuffĂŒhrungen. Nach Kriegsende ĂŒbernahm Kunowski im Sommersemester 1945 gemeinsam mit Heribert Kuchenbuch kurzfristig die Leitung des Seminars.
Anfang Mai 1945 heiratete er seine Studienkollegin Margeretha âGretlâ Welzl (1927-2006) und grĂŒndete die Theatergruppe Das junge Theater, die groĂteils aus ehemaligen Studierenden des Seminars zusammengesetzt war. 1950 ging das Ehepaar Kunowski nach Australien (Brisbane) und Ă€nderte den Familiennamen in Kuno.
Rolf Kuno, der in Australien als Cultural Development Officer fĂŒr das Bundesland Queensland tĂ€tig war, blieb Wien sein Leben lang verbunden und kam regelmĂ€Ăig zu Treffen mit ehemaligen Studierenden des Schauspielseminars nach Ăsterreich. FĂŒr seine langjĂ€hrige TĂ€tigkeit als PrĂ€sident der Austrian Society in Queensland, deren Ehrenmitglied er war, wurde er 2007 mit dem Silbernen Ehrenzeichen fĂŒr Verdienste um die Republik Ăsterreich ausgezeichnet.
Rolf Kuno (geb. Kunowski) starb am 5. September 2014 in Brisbane (Queensland), Australien.
Quellen / Literatur:
mdw-Archiv: Matrikelblatt Rolf Kunowski; Interviews mit Rolf Kuno vom 09.06.1998 und vom 13.03.2002; Hilde Mikulicz, VorĂŒbergehend geschlossen. Das sogenannte Jahr Null im Reinhardt-Seminar 1944 â 1945 [âŠ], Typoskript [undatiert].
Wiener Stadt- und Landesarchiv: Gauamt fĂŒr Sippenforschung, A6 â Abstammungsunterlagen: Kunowski Rolf.
collections.arolsen-archives.org: Schriftgut des ITS und seiner VorlÀufer.
ressources.memorialdelashoah.org: Eintrag zu âSale Kinowskiâ [sic].
Lisa Hauff und Susanne Heim (Hg.), Die Verfolgung und Ermordung der europĂ€ischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Band 11: Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und MĂ€hren: April 1943-1945, Berlin â Boston 2020, S. 416-417.
Akademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien (Hg.), Jahresbericht. Sommersemester 1945. Studienjahre 1945/46-1954/55, Wien 1960, S. 41.Empfohlene Zitierweise:
Erwin Strouhal: Rolf Kunowski, in: Gedenkbuch fĂŒr die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw â UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/e1d6ceb8-1b98-4745-8fd3-c9bddf9104d0/)Letzte Ănderung: 14.11.2024
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Archive & Sammlungen > UniversitÀtsarchiv > Gedenkbuch > Persons
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