Burghauser, Hugo
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Biografie
Hugo Burghauser
geb. 27.02.1896 in Wien, gest. 09.12.1982 in New York, NY (USA)
Hugo Burghauser wurde am 27. Februar 1896 in Wien geboren. Nach der Volks- und BĂŒrgerschule besuchte er drei Jahre das katholische Lehrerseminar in Wien. Diese Ausbildung gab er zugunsten seines 1913/14 an der mdw (damals k. k. Akademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien) begonnenen Fagottstudiums bei Johann Böhm auf. Bis 1914/15 belegte Burghauser zusĂ€tzlich Musiktheorie (Harmonielehre bei Richard Stöhr und Kontrapunkt bei Eusebius Mandyczewski), 1914/15 studierte er auch Pauke bei Hans Schnellar. Aufgrund seiner Einberufung zum MilitĂ€r, wo er in einer Regimentskapelle diente, war ihm ab 1915/16 das Weiterstudium nur beschrĂ€nkt möglich, zu dem von ihm beabsichtigten zusĂ€tzlichen Musiktheoriestudium bei Joseph Marx kam es dadurch nicht. Im Juni 1919 legte Burghauser die ReifeprĂŒfung fĂŒr Fagott mit vorzĂŒglichem Erfolg ab und erhielt zusĂ€tzlich ein âAkademie-PrĂ€miumâ.
Bereits im Herbst nach seinem Studienabschluss trat er in das Staatsopernorchester ein und wurde Mitglied der Wiener Philharmoniker, er war ab 1932 deren Vizevorstand und ab 1933 deren Vorstand. Neben seiner kĂŒnstlerischen TĂ€tigkeit war er sowohl als PĂ€dagoge â er unterrichtete von 1922 bis 1927 am Neuen Wiener Konservatorium â als auch politisch â z.B. ab 1934 als PrĂ€sident des neu gegrĂŒndeten Ringes der ausĂŒbenden Musiker Ăsterreichs, der musikalischen Sektion des stĂ€ndischen Gewerkschaftsbundes â aktiv. Seine 1920 geschlossene Ehe mit Elisabeth Holitzer (1896-1964), aus der eine Tochter hervorging, war nur von kurzer Dauer; 1934 heiratete er die TĂ€nzerin, Choreografin und Regisseurin Margarete Wallmann (1904-1992).
Mit 1. JĂ€nner 1937 kam Burghauser als Lehrer fĂŒr Fagott an die mdw (damals Staatsakademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien). Im Zuge der bei der Nazifizierung des Hauses durchgefĂŒhrten Beendigungen von DienstverhĂ€ltnissen wurde Burghauser auf Vorschlag der Akademie mit Erlass des Ministeriums vom 24. Mai 1938 fĂŒr den 31. August 1938 gekĂŒndigt. Eine Angabe von GrĂŒnden war dafĂŒr nicht erforderlich, doch sind diese in knappen Worten aus einer âAbbaulisteâ ersichtlich: âFrau JĂŒdin, wurde auch von seinem Posten als Vorstand der Philharmoniker entfernt. â Die Enthebung als Vorstand der Philharmoniker war aufgrund seiner NĂ€he zur VaterlĂ€ndischen Front bereits am Tag des âAnschlussesâ erfolgt. Burghauser lieĂ sich unter Hinweis auf eine geplante UnterrichtstĂ€tigkeit in Kanada bei den Philharmonikern karenzieren, mit Ende August 1939 wurde seitens des Orchesters sein Vertrag gelöst.
Burghauser floh im September 1938 ĂŒber Ungarn (Budapest), das damalige Jugoslawien (Zagreb), Italien (Mailand) und Frankreich (Paris, Le Havre) schlieĂlich mit finanzieller UnterstĂŒtzung Carla Toscaninis, der Ehefrau des Dirigenten, in die USA, wo er am 20. Oktober 1938 mit der S. S. Champlain in New York (NY) ankam. Von dort fuhr er nach wenigen Tagen weiter nach Toronto (CAN), um sein Engagement im Toronto Symphony Orchestra anzutreten. Das Orchester beantragte unter Hinweis darauf âthat there is no one in this country with his qualifications as a Bassoonistâ eine permanente Aufenthaltserlaubnis, die im Februar 1939 erteilt wurde. Zur gleichen Zeit wurde die Ehe mit Margarete Wallmann, die sich 1938 dank eines Engagements nach Argentinien (Buenos Aires) retten konnte, durch Beschluss des Landesgerichts Wien aufgehoben. In seiner Autobiografie schildert Burghauser, dass er seine Flucht ohne Pass, lediglich ausgestattet mit seiner Geburtsurkunde und der Einladung des Symphonieorchesters in Toronto, antrat. In einer kanadischen Zeitung wurde im MĂ€rz 1939 ĂŒber ihn berichtet und er mit einem Appell an Kanada zitiert, schnell Hilfe zu leisten und FlĂŒchtlinge aufzunehmen, âor else all your efofrts [sic] are wasted, for Hitler will not give people time to escapeâ.
Mitte November 1940 ging Burghauser aus Sorge vor einer Internierung als ,enemy alienâ in die USA, wo er kurz am New York College of Music unterrichtete. Von 1941 bis 1942 war er als Fagottist im NBC Symphony Orchestra und schlieĂlich von 1942 bis 1965 im Metropolitan Opera Orchestra tĂ€tig. 1946 erhielt Burghauser die US-amerikanische StaatsbĂŒrgerschaft, 1949 heiratete er Sophie Rattner (spĂ€ter: verh. Schall, 1922-2012), die, aus Wien gebĂŒrtig, 1938 in die USA geflohen war. Im Zuge seiner Hochzeitreise besuchte das Paar Salzburg â nicht Burghausers erster Aufenthalt in Europa nach seiner Vertreibung, aber sein erster in Ăsterreich.
In der zweiten HĂ€lfte des 20. Jahrhunderts wurde Burghauser von den Wiener Philharmonikern mehrfach geehrt: 1952 erhielt er die Nicolai-Medaille in Silber, 1961 in Gold und den Ehrenring der Wiener Philharmoniker, 1967 wurde er zum Ehrenmitglied ernannt. Hugo Burghauser starb am 9. Dezember 1982 im US-amerikanischen Exil in New York (New York).
Quellen / Literatur:
mdw-Archiv: Matrikelblatt 24/3/1913; 233/Res/1936; Personalakt Hugo Burghauser; 1354/1938, in: 94/Res/1938; 98/Res/1938, Anlage 7 âAbbaulisteâ.
K. k. Akademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien, Jahresbericht der k. k. Akademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien ĂŒber das Schuljahr 1915-16, S. 40 [das hier angegebene Kontrapunktstudium bei Josef Marx hat er â wie aus dem Matrikelblatt hervorgeht â nicht besucht].
Staatsakademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien, Jahresbericht ĂŒber das Schuljahr 1918-1919, Wien 1920, S. 156.
Hugo Burghauser, Philharmonische Begegnungen. Erinnerungen eines Wiener Philharmonikers, ZĂŒrich â Freiburg im Breisgau 1979, insbes. S. 5, S. 125, S. 137, S. 149 u. S. 151 [zur Datierung seines Engagements an der Metropolitan Opera siehe Daily News, 11.12.1942, S. 65].
Bernadette Mayrhofer und Fritz TrĂŒmpi, Orchestrierte Vertreibung. UnerwĂŒnschte Wiener Philharmoniker. Verfolgung, Ermordung und Exil, Wien 2014, S. 91-101, hier: insbes.: S. 91, S. 96-97 u. S. 99.
Josef Reitler, 25 Jahre Neues Wiener Konservatorium 1909 â 1934, Wien 1934, S. 34.
anno.onb.ac.at: Der Tag, 08.07.1934, S. 12; Wiener Kurier, 03.08.1949, S. 4.
wien.gv.at: WAIS â Wiener Archivinformationssystem, Meldezettel Hugo Burghauser.
data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre Mariahilf, Taufbuch Bd. 24, fol. 264; Rk. Erzdiözese Salzburg, Salzburg-Dompfarre, Trauungsbuch Bd. 17, fol. 277.
tanz.at: Gunhild Oberzaucher-SchĂŒller, Margarete Wallmann â Glamouröse Bewegungsmoderne.
ancestry.com: England & Wales, Civil Registration Marriage Index; Berlin, Germany, Birth; New York, U.S., Arriving Passenger and Crew Lists; Canada, Immigrants Approved in Orders in Council; U.S. Border Crossings from Canada to U.S.; New York, New York, U.S., Marriage License Indexes; U.S. Departing Passenger and Crew Lists.
newspapers.com: Daily News, 11.12.1942, S. 65.
mediathek.at: Sammlung Interviews von Erich Schenk, Interview mit Hugo Burghauser [vmtl. 1967]; Von Tag zu Tag â GesprĂ€ch bei den Opernfreunden, GesprĂ€ch mit dem Fagottisten Hugo Burghauser (1979).
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Strouhal: Hugo Burghauser, in: Gedenkbuch fĂŒr die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw â UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons/ea8f9592-a763-4357-bb8a-2dc1ca470c1a/)
Letzte Ănderung: 14.11.2024