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  • Gedenkbuch

Wunderer, Alexander

Lehrende


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Lebensdaten
1877-04-11 – 1955-12-29
  • dc.date.accessioned
    2024-06-03T15:23:08Z
  • dc.date.available
    2024-06-03T15:23:08Z
  • dc.description

    Alexander Wunderer

    geb. 11.04.1877 in Wien, gest. 29.12.1955 in Zinkenbach (heute Abersee) bei St. Gilgen

    Alexander Anton Wunderer wurde am 11. April 1877 als Sohn von Anna (geb. Novak) und Anton Wunderer in Wien geboren und wuchs in einer musikalischen Familie auf: Sein Vater war Hornist, Komponist und Dirigent, einer seiner BrĂŒder, sein Onkel vĂ€terlicherseits und Verwandte seiner Mutter waren ebenfalls Hornisten, sein Bruder Adolf spielte Trompete, sein Bruder Othmar wurde ebenso wie er Oboist.

    Von 1891/92 bis 1895/96 studierte Wunderer Oboe bei Richard BaumgĂ€rtel an dem von der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien gefĂŒhrten Conservatorium fĂŒr Musik und darstellende Kunst (der VorgĂ€ngerinstitution der mdw) und wurde anlĂ€sslich der Ablegung seiner ReifeprĂŒfung 1896 mit der Silbernen Gesellschaftsmedaille ausgezeichnet, die „fĂŒr ausgezeichnet vollendete Studien“ vergeben wurde. Danach absolvierte Wunderer seinen dreijĂ€hrigen MilitĂ€rdienst in einer Regimentskapelle und nahm anschließend ein Engagement im Orchester des Deutschen Volkstheaters in Wien an. 1900 wurde er in das Orchester der k. k. Hofoper und als Mitglied der Wiener Philharmoniker aufgenommen. Im selben Jahr heiratete er Maria Anna „Marianne“ Kreuzer (1896-1958), von den vier Kindern des Ehepaares erreichten nur zwei – Robert (1902-1963) und Gertrud „Gerta“ (1906-1984) – das Erwachsenenalter. Neben seiner BeschĂ€ftigung in den Orchestern war Wunderer als Kammermusiker in der Vereinigung fĂŒr BlĂ€ser-Kammermusik gemeinsam mit Kollegen der k. k. Hofoper sowie als Dirigent tĂ€tig und erteilte Unterricht sowohl privat als auch an der Musikschule Liebing (ca. 1901-1911) sowie am Neuen Wiener Konservatorium (um 1934). Er grĂŒndete 1913 die Wiener Bachgemeinde, deren kĂŒnstlerischer Leiter er bis 1938 bleiben sollte, und war von 1923 bis 1932 Vorstand der Wiener Philharmoniker, denen er bis zu seiner Pensionierung 1937 angehörte. DarĂŒber hinaus war er lange Zeit fachtechnisches Mitglied des Patentgerichtshofs sowie Mitglied der Kommission zur Beglaubigung von Stimmgabeln.

    1919 kam Wunderer als Lehrer fĂŒr Oboe an die mdw (damals Staatsakademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst in Wien), ab 1923 unterrichtete er auch BlĂ€serkammermusik und ab 1927 zusĂ€tzlich Instrumentenkunde. An der 1924 von der Akademie getrennt gefĂŒhrten Fachhochschule fĂŒr Musik und darstellende Kunst wurde er 1924 zum ao. Professor fĂŒr BlĂ€serkammermusik ernannt und leitete von 1927 bis 1931 zudem die Kapellmeisterschule. DarĂŒber hinaus brachte sich Wunderer in akademischen Gremien ein und wurde 1927 bei der Wahl des Akademiedirektors zwar vom Lehrkörper mit eindeutiger Stimmenmehrheit an die erste Stelle des Dreiervorschlags gesetzt, vom Unterrichtsministerium jedoch nicht mit der Leitung des Hauses betraut.

    Im Mai 1938 beantragte der nach dem ‚Anschluss‘ eingesetzte Leiter der mdw, Alfred Orel, die Pensionierung Wunderers, den er „als ausgesprochen judenfreundlich bekannt“ beschrieb und ihn als „sachlich als Lehrer nicht mehr auf der Höhe seiner LeistungsfĂ€higkeit“ befand. Orels Nachfolger Franz SchĂŒtz ersuchte im September um die Beurlaubung Wunderers, seine Pensionierung erfolgte schließlich mit Ende Juni 1939.

    Wunderer, der sich Ende September 1938 in sein Haus in Zinkenbach (heute: Abersee) bei St. Gilgen zurĂŒckgezogen hatte, schrieb in seinen Lebenserinnerungen, dass er von Oktober 1938 bis Juni 1939 kein Gehalt erhielt. Er musste „hungern und darben“ und auch einige „Anstrengungen“ unternehmen, „das Haus zu erhalten, nachdem [sic] schon ein gieriger Nazi die HĂ€nde ausstreckte“. DarĂŒber hinaus stattete ihm die Gestapo einen Besuch ab, um ihn ĂŒber seine „Zugehörigkeit zur Freimaurerei“ zu befragen. Den grĂ¶ĂŸten persönlichen Verlust stellte die Flucht seiner langjĂ€hrigen LebensgefĂ€hrtin Helene Pessl (geb. Herz, 1882-1954) dar, die sich wegen ihrer jĂŒdischen Herkunft Mitte September 1938 vor der nationalsozialistischen Verfolgung in den USA in Sicherheit brachte. Eine tiefe menschliche EnttĂ€uschung erlebte er zudem durch die Hinwendung seines Freundes Franz Schmidt zum Nationalsozialismus. Wunderer widmete sich in den folgenden Jahren dem Komponieren, brachte sich in der Pfarrgemeinde St. Wolfgang als Mitglied des Kirchenchores und Organist ein und erteilte Musikunterricht.

    Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft unterrichtete Wunderer ab April 1946 Oboe, ab 1947/48 auch BlĂ€serkammermusik und Elementarlehre fĂŒr BlĂ€ser an der Akademie fĂŒr Musik und darstellende Kunst Mozarteum in Salzburg. 1949 ging er in die USA, um die Musikabteilung von Sanford Preparatory School und Sunny Hills School (beide heute: Sanford School) in der NĂ€he von Wilmington (DE) zu leiten und wurde bei der Unterrichtserteilung von Helene Pessl unterstĂŒtzt. 1951 kehrte Wunderer, der seine Familie und die Berge vermisste, wieder nach Österreich zurĂŒck. Pessl behielt ihre Anstellung in den USA und verbrachte in den folgenden Jahren nur die Sommer in Salzburg.

    Wunderer wurde fĂŒr sein kĂŒnstlerisches Wirken mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht: Er war Offizier der AcadĂ©mie française, TrĂ€ger des Goldenen Ehrenzeichens fĂŒr Verdienste um die Republik Österreich, Regierungsrat, Ehrenvorstand der Wiener Philharmoniker, erhielt das Österreichische Verdienstkreuz fĂŒr Kunst und Wissenschaft, den Hofratstitel und die Ehrenmedaille der Stadt Wien.

    Alexander Wunderer starb am 29. Dezember 1955 in Zinkenbach bei St. Gilgen.

    Quellen / Literatur:
    mdw-Archiv: Personalakt Alexander Wunderer; 98/Res/1938, 133/Res/1938.
    data.matricula-online.eu: Rk. Erzdiözese Wien, Pfarre St. Ulrich, Taufbuch Bd. 70, fol. 177; Pfarre Alservorstadt, Taufbuch Bd. 37, fol. 208; Pfarre Reindorf, Taufbuch Bd. 60, fol. 135, Sterbebuch Bd. 47, fol. 52, Taufbuch Bd. 61, fol. 138, Taufbuch Bd. 65, fol.179 u. Taufbuch Bd. 70, fol. 76.
    Josef Bednarik, Das Leben Alexander Wunderers, Teil 1, in: Gesellschaft der Freunde der Wiener Oboe (Hg.); Wiener Oboen-Journal, H. 29 (MĂ€rz 2006), S. 10-22; Teil 2, in: Gesellschaft der Freunde der Wiener Oboe (Hg.); Wiener Oboen-Journal, H. 30 (Juli 2006), S. 9-25 und Teil 3, in: Gesellschaft der Freunde der Wiener Oboe (Hg.); Wiener Oboen-Journal, H. 31 (Oktober 2006), S. 3-17.
    wien.gv.at: WAIS – Wiener Archivinformationssystem, Meldezettel Alexander Wunderer.
    musiklexikon.ac.at: Barbara Boisits, Artikel „Wunderer, Familie“.
    geschichtewiki.wien.gv.at: Artikel „Alexander Wunderer“.
    Egon Kornauth, Nachruf „Alexander Wunderer“, in: Österreichische Musikzeitschrift, Jg. 11, H. 2, S. 75.
    magazin.wienmuseum.at: Susanne Breuss, Das Kosmetikinstitut von Helene Pessl. Schönheit aus dem Dianabad.
    1133.at: Helga Scholz-Michelitsch, Artikel „Alexander Wunderer“.
    Franz Planer (Hg.), Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische BeitrÀge zur Wiener Zeitgeschichte, Wien 1929, S. 696.
    Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Hg.) [i.d.F. GdM], Bericht ĂŒber das Conservatorium fĂŒr Musik und darstellende Kunst [
] [i.d.F. Jahresbericht] fĂŒr das Schuljahr 1891–1892, S. 32.
    GdM, Jahresbericht fĂŒr das Schuljahr 1892–1893, S. 32.
    GdM, Jahresbericht fĂŒr das Schuljahr 1893–1894, S. 94.
    GdM, Jahresbericht fĂŒr das Schuljahr 1894–1895, S. 113.
    GdM, Jahresbericht fĂŒr das Schuljahr 1895–1896, S. 89 u. S. 144.
    ancestry.com: 1950 United States Federal Census; U.S., Departing Passenger and Crew Lists; U.S., Reports of Deaths of American Citizens Abroad.
    Musikhochschule Mozarteum in Salzburg (Hg.), Jahresbericht 1945/46, S. 27.
    Musikhochschule Mozarteum in Salzburg (Hg.), Jahresbericht 1946/47, S. 32.
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    newspapers.com: The News Journal, 17.05.1950, S. 25; The Morning News, 20.01.1951, S. 6.

    Empfohlene Zitierweise:
    Erwin Strouhal: Alexander Wunderer, in: Gedenkbuch fĂŒr die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – UniversitĂ€t fĂŒr Musik und darstellende Kunst Wien (https://gedenkbuch.mdw.ac.at/gedenkbuch/persons//fec2afb2-793a-4d84-a88f-0bd6e5374341/)

    Letzte Änderung: 14.11.2024

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    Wunderer, Alexander
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